Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Weiterentwicklung der Sparkasse und des Spargedankens
Hans Vogt, der ehemalige Sparkassenchef, schreibt über seine berufliche Entwicklung in Mühlhausen (Teil 4)
Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion. Wir behalten uns vor, Texte zu kürzen.
Über den Übergang zur Wiedervereinigung und Aufbauarbeit bis zur Wende:
Natürlich haben wir uns, wie alle unsere Landsleute auf die beginnende Wiedervereinigung gefreut. Eines Tages erschien in meinem Büro der Vorstandsvorsitzende der benachbarten Sparkasse Eschwege, Herr Keller. Das war bereits der 20.12.1989. Wir hatten zuerst eine herzliche Begrüßung und tauschten im Nachhinein unsere derzeitigen Situationen und Verhältnisse beider Sparkassen aus. Dabei stellten wir fest, dass die Sparkasse Eschwege fast die dreifache Anzahl Belegschaftsmitglieder als die Sparkasse Mühlhausen hatte und auch technisch viel besser dastand. Wir vereinbarten schließlich und nahmen das Angebot an, eine Besichtigung der Sparkasse Eschwege mit allen unseren zur Verfügung stehenden Mitarbeitern durchzuführen. Die Sparkasse Eschwege stellte uns drei Busse zur Verfügung und bereits am 19.01.1990 fand diese Exkursion statt. Ich habe natürlich umgehend unsere Bezirksstelle in Erfurt informiert und bekam dazu grünes Licht, diese Begegnung mit der benachbarten Sparkasse durchzuführen. Im Nachhinein bekamen wir dazu als sogenannte „Paten“neben der Sparkasse Eschwege auch die Sparkassen Alsfeld und Lauterbach. Vom Februar bis Juni fanden ständige Begegnungen mit diesen Sparkassen statt und wir erhielten auch viele technische Hilfsmittel sowie umfangreiches Schulungsmaterial für unsere Mitarbeiter.
Als Soforthilfe erhielten wir von der Sparkasse Eschwege 10 000 DM zum Kauf von Computern, Schreibmaschinen und anderem technischen Material. Nach Absprache mit dem Leiter der Sparkassen-akademie Epstein-volkenhausen, Herrn Jochen Brockmann, kamen 31 Azubis im Februar 1990 zur Besichtigung zu uns.
Im Frühjahr des Jahres 1990 ist es mir frühzeitig gelungen, das in der Brückenstraße benachbarte Grundstück zu erwerben, um den westlichen Sparkassenfachgebieten Bausparkasse (LBS) und Hnvsparkassenversicherung entsprechende Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Dies wurde auch in der Presse veröffentlicht.
Am 20. März 1990 wurde zuerst ein neuer Sparkassenverband der DDR in Berlin-straußberg gegründet. Unter anderen nahmen 196 Sparkassen und auch wir daran teil. Das Bild zeigt die alte Kassenhalle der Sparkasse Mühlhausen. Foto: Hans Vogt
Im Monat April fand eine erste Qualifizierung der Direktoren in West-berlin statt und auch in diesem Monat war inzwischen ein neuer Landrat, Hilfreich Reinhold, gewählt worden. Zwischen Mai und Juni fanden noch zahlreiche Begegnungen mit den Sparkassen-paten Alsfeld, Lauterbach und Eschwege statt. Mitte des Jahres fand eine der letzten Direktorentagungen in Erfurt statt. Dort wurde u.a. die Frage aufgeworfen, welches Edv-system wir später übernehmen würden, entweder Hannover oder Frankfurt/main.
Schließlich entschieden wir uns für das Frankfurter System und uns war klar, dass wir Thüringer Sparkassen aus dem bisherigen Sparkassenverband Ost ausscheiden würden. Wie sich später herausstellte, war die Entscheidung richtig.
Zuvor nach Rücksprache hat mich der Professor Udo Güde gebeten am 21.06.1990 im ehemaligen Hotel Stadt Mühlhausen eine Bezirks-obmänner-tagung aus Hessen durchzuführen. Ich habe danach nach entsprechender Begrüßung unsere derzeitige Sparkassensituation erläutert und dabei über unsere historische Stadt Mühlhausen berichtet.
Am 18.05.1990 wurde zwischen beiden deutschen Staaten ein Vertrag über die Schaffung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion festgelegt und die Einführung der D-mark als Zahlungsmittel zum 01. Juli 1990 festgelegt.
Vor der eigentlichen Reform mussten zuerst alle vorhandenen Gelder der Bürger auf persönliche Konten angelegt werden. Es wurden ca. 9000 Sparund Girokonten aufgenommen. Vom 15. Juni bis 6. Juli mussten fast 75000 Umstellungsanträge angenommen werden.
Der festgelegte Termin – 1. Juli 1990 – war der eigentliche Höhepunkt. Ich wurde vom Landrat beauftragt, die Organisation und technischen Voraussetzungen zu übernehmen. Dazu standen mir die Volkspolizei, die NVA sowie sechs mobile Zweigstellen der Partner-sparkassen zur Verfügung und konnten im gesamten Kreisgebiet Mühlhausen eingesetzt werden. Erst am 9. Juli bei größter Sicherheit mit ständiger Hilfe der Polizei konnten die Schalter der Sparkasse wieder öffnen.