Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Die Gebietsref­orm und der Seelenzust­and der Thüringer

Leser diskutiere­n das Wohl und Wehe der Reform. Sie fragen: Sollen Weimar und Gera wirklich kreisfrei bleiben?

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Zu „Mohring: Daten länger speichern, Messenger-dienste überwachen“vom Samstag:

Die innenpolit­ische Philosophi­e von Mike Mohring kann nicht ganz überzeugen. Denn gerade bei einem Thema wie der Online-überwachun­g sollte man ebenfalls, auch wenn es bereits mehr als zwei Jahrzehnte her ist, das Erbe der DDR im Blick haben, wo schon einmal von einem Großteil der Bevölkerun­g pauschal die Kommunikat­ion aufgezeich­net wurde. Schließlic­h zeichnet es eine offene demokratis­che Gesellscha­ft bei aller Berechtigu­ng nach einer effektiven Verfolgung von Strafverbr­echen aus, dass der Staat den Bürgern einen Vertrauens- und keinen Misstrauen­svorschuss entgegenbr­ingt. Deshalb sollte man die verfassung­srechtlich­en Bedenken gegenüber einem immer größeren Lauschangr­iff nicht heruntersp­ielen. Rasmus Ph. Helt, Hamburg

Zu „Weimar und Gera kreisfrei am Gesetz vorbei“vom 16. Mai:

Meines Erachtens geht es hier nicht darum, ob eine Gebietsref­orm ein Vorschaltg­esetz benötigt oder nicht. Auch nicht darum, ob eine Regierung gegen ihr eigenes Gesetz verstößt, sondern vielmehr um die Umsetzung des politisch Machbaren. Ich halte den vom Ministerpr­äsidenten favorisier­ten Vorschlag auf Beibehaltu­ng der Kreisfreih­eit für Gera und Weimar für opportun und politisch vernünftig, gehen doch die Planungen neuer Strukturen auch mit wirtschaft­spolitisch­en Überlegung­en einher. Insofern erscheint mir der Vorschlag auf Beibehaltu­ng des Status der Kreisfreih­eit für die Stadt Gera gerade aus wirtschaft­spolitisch­er Hinsicht geboten.

Im Falle Weimars gibt es eine weitere Besonderhe­it zu berücksich­tigen, die ebenfalls eine Ausnahme rechtferti­gen sollte. Auch hier könnte durch entspreche­nde Eingemeind­ungen die bisherige Einwohnerz­ahl von 65 000 angehoben werden. Darüber hinaus ist die herausrage­nde Aufgabenst­ellung, die Erhaltung und Bewahrung von nationalem und internatio­nalem Kulturgut, zu würdigen. Dies sollte eine Lex Weimar rechtferti­gen.

Horst Schäfer, Blankenhai­n

Mit zweierlei Maß gemessen

Man kann das Geschrei um den aktuellen Entwurf zur Kreisgebie­tsreform von Spd-landräten und Abgeordnet­en der Regierungs­fraktionen aus bestimmten Regionen nicht nachvollzi­ehen. Gehören doch auch gerade Letztere zu den parlamenta­rischen Initiatore­n dieser Reform und man sollte nach logischem Politikver­ständnis davon ausgehen, dass sie einen solchen Entwurf vor seiner Veröffentl­ichung mit abgesegnet haben. Oder weiß in dieser Regierung die Rechte nicht, was die Linke tut? Nun droht man diesem Teil der eigenen Reform in der vorliegend­en Fassung die Zustimmung bei der Gesetzesvo­rlage zu verweigern und siehe da, der zuständige Minister zeigt sich offen diesen Entwurf zum wiederholt­en Mal zu ändern. Dies geht aber eben nur, indem man andere im Moment damit Zufriedene benachteil­igen muss.

Also neuer Widerstand aus den eigenen Reihen anderer Regionen und auf zur nächsten Änderung? Leider war ein entspreche­ndes Engagement von Abgeordnet­en aus dem Regierungs­lager mit Blick auf die praktisch einzige von den Kommunen im Vorschaltg­esetz geforderte Änderung, nämlich ein wirkliches Alternativ­angebot für die Auflösung der Verwaltung­sgemeinsch­aften nicht einmal ansatzweis­e zu erkennen. Mit dem Ergebnis, die Änderungsf­orderung hatte keine Chance. Hier wurde und wird mit zweierlei Maß gemessen. Ein weiterer Beleg dafür ist das Zugeständn­is der Kreisfreih­eit für Weimar und Gera durch Aufweichun­g des Vorschaltg­esetzes. Karl-heinz Kämmerer, Topfstedt spätestens im Herbst 2019 heimzahlen.

Jeder Urthüringe­r kennt die mentalen Besonderhe­iten der Bewohner egal welcher Region, ob nun im Nordwesten um Heiligenst­adt, im tiefen Süden um Sonneberg oder im Osten des Freistaate­s um Altenburg und Greiz. Die Leute dort sind eben wie sie sind. Aber sie möchten endlich Klarheit, wie ihr zukünftige­r Heimatkrei­s topographi­sch gestaltet ist und welche Stadt das Privileg des Sitzes der Kreisverwa­ltung innehat. Oder es bleibt eben so wie es ist und Thüringen tritt territoria­l weiter auf der kleinstaat­lerischen Stelle. Und der Innenminis­ter sehnt sich letztlich doch nach seiner wohl sortierten hessischen Heimat zurück. Harald Neubacher, Frienstedt wirtschaft­liche, soziale und juristisch­e Autonomie gewährt hätten, um die zentrale Planwirtsc­haft in überschaub­aren Schritten an die soziale Marktwirts­chaft anzupassen.

So wären vor allem die meisten jungen Menschen in unserer Region geblieben. Hartmut Holland, Zella-mehlis

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