Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Ein bisschen Gerechtigkeit
Jetzt also doch. Die Milliardenkosten für die Stromtrassen, die mit der Energiewende nötig werden, sollen gerechter auf alle verteilt werden. Bislang müssen ausgerechnet die Bewohner und Unternehmen jener Länder mehr zahlen, durch die diese Trassen führen. Nun will die große Koalition die sogenannten Netzentgelte bis 2022 bundesweit angleichen. So lautet der gestern beschlossene Kompromiss.
Für die Menschen in Thüringen bedeutet dies nicht, dass die Strompreise sinken. Es bedeutet nur, dass sie in Zukunft nicht ganz so stark steigen wie prognostiziert. Auch die hiesigen Unternehmen und Stadtwerke müssen nicht mit so hohen finanziellen Risiken rechnen. Ansonsten gilt: Wer verstehen will, wie sich in der deutschen Politik Interessen taktisch vermischen, muss – neben der Ehe-für-alle-volte der Bundeskanzlerin – nur die absurde Geschichte des Netzentgeltegesetzes betrachten.
Erst waren es die großen Länder im Westen und Südwesten, die eine faire Lösung blockierten. Dann bremste die Bundesspd, weil sie um ihre Macht in Nordrhein-westfalen fürchtete. Schließlich fing nach dem dortigen Landtagswahlsieg der CDU die Union im Bundestag an, auf Zeit zu spielen – bis insbesondere die neuen Länder die Kanzlerin daran erinnerten, dass Bundeswahlen gerne im Osten verloren werden.
Der Handel, der jetzt geschlossen wurde, ist typisch. Je größer die Koalition, umso kleiner der gemeinsame Nenner. Doch immerhin, es geht gerechter zu, in einigen Jahren, hoffentlich. Mehr war von den Beteiligten nicht zu erwarten.