Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Debatte um Wechsel-modus
Mühlhäuser CDU und Gemeinderäte aus dem Umland kritisieren Absichten des Rathauses der Kreisstadt
Boris Tautorat (42), Diplom-musikpädagoge aus Mühlhausen:
Meine Frau Nozomi und ich betreiben die Musikschule „Guitar Dójó“. Am Wochenende organisieren wir den 9. Mühlhäuser Saitensommer mit Konzerten, Workshops und Meisterkursen geführt von internationalen Gastdozenten. Wir freuen uns darauf. Foto: Sascha Willms Mühlhausen. „Damit können wir uns nicht zufrieden geben; das kann ich meinen Dörfern nicht antun.“So reagieren Gemeinderäte aus dem Mühlhäuser Umland, deren Gemeinde mit der Kreisstadt fusionieren soll. Sie sagen es – natürlich – nur hinter vorgehaltener Hand, denn öffentliche Kritik soll die Verhandlungen zwischen der Gemeinde und der Kreisstadt nicht gefährden.
Was missfällt: Oberbürgermeister Johannes Bruns (SPD) hatte auf der jüngsten Stadtratssitzung seine Vorzugsvariante vorgestellt: Die Kommunen sollen als Ganzes eingemeindet werden. Die Rolle des öffentlichen Kritikers übernimmt die Cdu-fraktion im Mühlhäuser Stadtrat. „Wenn eine Gemeinde als Ganzes kommt, wie dies der Oberbürgermeister favorisiert, gehen die Identitäten der Dörfer möglicherweise verloren.“So glaubt es zumindest Fraktionschef Volker Bade.
Seine Fraktion favorisiere, dass die Ortsteile mit allen Rechten wie Ortsteilbürgermeister und Ortschaftsrat ihre Interessen in der Stadt Mühlhausen vertreten können, so wie dies auch Görmar, Felchta, Saalfeld und Windeberg tun. „Dass der Oberbürgermeister auf eine Hochzeitsprämie hofft, erscheint uns als sehr naiv. Ihm sollte als Rathauschef bekannt sein, dass derzeit die Gesetzeslage vor dem Vorschaltgesetz, soll heißen: die Thüringer Kommunalordnung, gilt. Diese sieht die sogenannte Hochzeitsprämie nicht vor, und im Haushalt der Landesregierung ist diese auch nicht zu finden“, so Bade. Er fürchte um die Eigenheiten von Ortsteilen wie Grabe und Bollstedt. „Das Vereinswesen in Grabe mit Geflügelverein, Kegelclub Rot-weiß, Heimat- und Fußballverein ist neben der Pferdezucht anders als zum Beispiel in Bollstedt, wo Sportverein, Schützenverein, Landschaftspflegeverein und Gefügelzüchterverein das dörfliche Leben prägen.“
Die Bollstedter Kirmes sei über die dörflichen Grenzen bekannt und beliebt. Auch die „Red Mountain Ranch“ist laut Bade „absolut einmalig in dieser Region“. Man müsse dafür sorgen, dass diese Tradition und dieses Engagement erhalten bleibt. „Dies wird nur mit eigenständigen Ortsteilen und engagierten Ortsteilbürgermeistern gehen“, glaubt Volker Bade. Bruns will die Kritik so nicht stehenlassen. „Wir reden derzeit mit vier Gemeinden. In denen gibt es unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie sie denn der Stadt Mühlhausen beitreten möchten“, sagt der Oberbürgermeister. 18 bis 20 Ortsteile und dieselbe Zahl an Bürgermeistern zu haben, das ließe sich aus Sicht der Stadt schwer handhaben. „Die Namen der Dörfer aber bleiben erhalten. Ammern bleibt Ammern; da steht nicht plötzlich Unstruttal auf dem Ortsschild“, sagt der Mühlhäuser Rathauschef angesichts der Identitätsdebatte.
Der derzeitige Zustand in der Diskussion um die Gebietsreform sei nervenaufreibend. Bruns geht, anders als Bade, davon aus, dass vom Land die „Hochzeitprämie“für Fusionen gezahlt wird. „Die ist uns avisiert worden.“Maximal 1 Million Euro sind zu bekommen.