Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Abgründe des Fußballs
Die Details kommen spät an die Öffentlichkeit. Schon vor zweieinhalb Jahren wollte der Fußball-weltverband den brisanten Garciauntersuchungsbericht zur umstrittenen Vergabe der Weltmeisterschaften an Russland und Katar öffentlich machen. In angemessener Form, wie die Fifa damals mitteilte. Die angemessene Form hieß bis gestern: alles bleibt unter Verschluss. Dass Chefermittler Garcia, der einstige amerikanische Bundesanwalt, später nur den Ausweg seines Rücktritts sah, zeugte von Ohnmacht. Der Ohnmacht gegenüber einem Verband, in dem Korruption und Halbwahrheiten regieren. Die jetzige Veröffentlichung erster Passagen aus dem Report, der mit seinen Details über Lustreisen von Funktionären bis hin zu dubiosen Millionenzahlungen auf das Konto der Tochter eines Fifa-wahlmannes wie ein Sittengemälde aus den Abgründen des Fußballs wirkt, mag keine brandneuen, erst recht keine überraschenden Fakten liefern. Auch als handfester Beweis für tatsächliche Bestechung reicht das Dossier vorerst nicht. Zurücklehnen kann sich Fifa-präsident Infantino deshalb trotzdem nicht.
Auch wenn der Bericht ihn selbst nicht betrifft, so entlarvt er das System, aus dem er kommt. Es ist das System von Blatter und Platini, das Infantino erneuern wollte. Doch das Schweigen der Fifa und ihre Politk des Verschleierns und Verzögerns zeigen, wie weit der Weltverband vom angekündigten moralischen Neuanfang noch immer entfernt ist.