Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Klare Kante für die Freiheit
Wer hätte das gedacht? Eine große Koalition, die über die „Ehe für alle“explosionsartig auseinander flog, schafft nur einen Tag später den engen Schulterschluss. Sogar die Opposition reiht sich geschlossen ein und zeigt klare Kante: Der türkische Präsident Erdogan soll deutschen Boden nicht als Bühne für seine demokratiefeindlichen Gedanken nutzen dürfen. Widerspricht dass dem Grundsatz der Meinungsfreiheit? Verraten wir unsouverän unsere eigenen Werte? Die Antwort lautet: Natürlich nicht! Erdogan hat nicht nur eine unbequeme Meinung, die er natürlich äußern darf. Er beleidigt ganz Deutschland, indem er Angela Merkel - wie in der Vergangenheit - Nazi-methoden beim Umgang mit der Türkei vorwirft. Der Präsident verbietet Abgeordneten des deutschen Bundestages den Zugang zu ihren Soldaten. Er bezichtigt die deutsche Regierungschefin im Zusammenhang mit der verbotenen PKK völlig ohne Beweise als Unterstützerin des Terrors. Und am schlimmsten: Erdogan hat deutsche Staatsbürger – Journalisten, die nur ihre Pflicht tun – als Geiseln genommen und schwingt sich selbst zu deren Richter auf. Das ist keine Meinungsäußerung. Das ist ein echter Anschlag auf die Demokratie und der Staat darf diesen nicht mit einem medienwirksamen Auftritt Erdogans vor dessen Anhängern belohnen. Im Übrigen ist die Entscheidung der Bundesregierung eindeutig durch das Gesetz gedeckt. Das Bundesverfassungsgericht hatte erst im März klargestellt, dass ausländische Regierungsmitglieder weder nach dem Grundgesetz noch nach dem Völkerrecht Anspruch auf einen Auftritt haben. Ja, unsere Demokratie muss zwingend andere Meinungen zulassen. Im Grundgesetz steht aber nicht, dass Demokratie dumm und wehrlos sein muss.