Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Gewinn- und Verlustrechnungen
Im Gegenteil!“, ruft der Kulturminister in die digitale Landschaft und widerspricht derart einem Beitrag dieser Zeitung, über dessen Version im weltweiten Netz zu lesen steht: „Mit der Landeskapelle Eisenach verliert Thüringen erneut ein Orchester.“Benjamin Hoff zwitschert dazu auf einem bekannten Kurznachrichtendienst: „Mit der Fusion zur Thüringen Philharmonie Gotha-eisenach gewinnen Region und Thüringen.“Andreas Fellner findet es „traurig und ermüdend, dass Sie den Verlust nicht erkennen wollen.“So antwortet der letzte Chefdirigent Eisenachs dem Minister – der seinerseits nachlegt: „Ich kann vor allem die Vorteile sehen, die diejenigen nicht benennen, die suggerieren, es sei ein Orchester geschlossen worden.“Nun, sofern Hoff damit uns meint: Die Vorteile wurden in den letzten Wochen und Monaten mehrfach benannt, von dieser Zeitung und auch von anderen in dieser Zeitung. Die Landeskapelle selbst wollte die Fusion (lange vor dem Minister, der zunächst die Aufteilung nach Nordhausen und Rudolstadt wollte), weil man allein nicht länger lebensfähig gewesen wäre unter diesen Umständen. Nun gibt’s endlich mal wieder etwas mehr Geld, einen Haustarifvertrag bis 2024 und wirklich sinfonische Aufgaben. Zugleich weiß man: „Eisenach geht jetzt im großen Orchester unter.“So formuliert’s Cellist und Betriebsrat Andreas Gruner. Und: „Alles, was sich geschichtlich damit verbindet, geht nun zu Ende.“Diesem Ende, ja doch, wohnt ein Anfang inne. Doch, so der politische Plan, soll die Thüringen Philharmonie am Ende eines längeren Weges nur um acht Musiker stärker sein als jetzt, obwohl nun 22 der 24 Eisenacher hinzukommen. Natürlich wird hier ein Orchester geschlossen, was denn sonst? Es war eine Schließung auf Raten, über Jahre hinweg. Das sollte ein Kulturminister einzuräumen und zu bedauern schon in der Lage sein, auch wenn zu gleich Anlass zu vorsichtigem Optimismus besteht. Alles andere ist nichts als reine Autosuggestion. Erfurt. Die 25 Jahre dauernde Intendanz von Frank Castorf an der Berliner Volksbühne geht am Samstag mit einem Straßenfest zu Ende. Der Streit um die Zukunft dieses Theaters war für den aus Eisenach stammenden Kulturmanager Anlass, einen Roman über den Berliner Theaterbetrieb zu schreiben. Eigene Erfahrungen hat Michael Schindhelm (56) an den Theatern Nordhausen, Gera und Basel gesammelt. Von 2005 bis 2007 war er Generaldirektor der Stiftung Oper in Berlin. Danach wurde er Kulturberater in Dubai und London. Zu Ddr-zeiten arbeitete er als Chemiker in der Akademie der Wissenschaften – in einem Büro mit Angela Merkel.
Das Buch erzählt die Geschichte eines Dramaturgen, der auf der Bühne stand. Sind Sie selbst als Schauspieler aufgetreten?
Ich war nie Dramaturg und nur einmal Schauspieler. Es gab einen kleinen Auftritt in Basel. Regisseur Andreas Kriegenburg hat dort 1998 Friedrich Hebbels „Maria Magdalena“inszeniert. Katharina Schmalenberg spielte damals die Klara. Ich musste in einer kleinen Nebenrolle als unauffälliger Stasi-typ über die Bühne gehen. Ich durfte machen, was ich wollte. Mit dem Stück sind wir zum Theatertreffen nach Prag eingeladen worden. Im Theater an den Weinbergen stand Karel Gott an der Pforte.
Der Roman ist eine Satire auf die Berliner Kulturpolitik: Man hat beim Lesen den Eindruck, dass da Ihre Verletzungen aus der Zeit als Generaldirektor der Berliner Opernstiftung behandelt werden. Schmerzt das noch?
Nein, der Auslöser war der Wechsel des Intendanten an der Volksbühne. Daraus ist der Gedanke eines ungewöhnlichen Auftrittes entstanden. Das Buch erzählt wenig über mich. Meine Geschichten wären Memoiren. Da hätte es mehr Themen gegeben. Natürlich hat ein Buch ein Nachleben: Es ist eine intime Geschichte, die zum Allgemeingut wird. Zu Berlin habe ich nach meiner Zeit