Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
„Wir sollten uns das nicht entgehen lassen“
Bund fördert neue Kita-plätze und Qualität der Betreuung. Stadträtin Sandy Kirchner will, dass Mühlhausen die Chance nutzt, statt Plätze zu streichen
Mühlhausen. Vorbei scheint vorerst die Zeit der Schließung von Kindergärten. Gerade wurde die „Pusteblume“mit über 100 Plätzen frisch saniert. Nun könnten weitere Einrichtungen folgen, meint Stadträtin Sandy Kirchner (SPD).
Nach ihrem Antrag erstellt die Stadtverwaltung gerade „aussichtsreiche Projekte zum Ausbau der Kindertagesstättenlandschaft in Mühlhausen“. Mit dem neuen Kita-gesetz habe der Bund die Finanzhilfen für die Länder und Kommunen bis 2020 immerhin um eine Milliarde Euro aufgestockt. Für Thüringen bleiben davon rund 28,6 Millionen Euro. Schon im September und Oktober werden die Jugendhilfeausschüsse über die ersten Projekte entscheiden, ist sich Kirchner sicher. Jetzt, nicht erst in letzter Minute, sollte die Stadt, handeln und Projekte einreichen, für die eine 90-prozentige Förderung in Aussicht steht, fordert die Diplompädagogin, die unter anderem bereits in der Bundeselternvertretung mitgearbeitet hat.
Laut städtischem Kita-sanierungskonzept wäre das „Bienenkörbchen“das nächste auf der Liste. Außen bereits energetisch saniert, rücke nun auch die Innensanierung der Asb-einrichtung in der Krollstraße für rund 600 000 Euro in greifbare Nähe. „Ich denke, wir sollten uns diese Förderung nicht entgehen lassen und eventuell weitere Projekte einreichen“, sagt Kirchner und geht noch weiter: „Wobei es mir recht wäre, wenn wir langsam an die Zukunft denken“. Schon 2015 sei sie gegen die angedachte Schließung der Kita „Zwergenland“gewesen. Dass die Schließung jetzt – zunächst im Alleingang durch den OB und erst jüngst vom Stadtrat abgesegnet – abgewendet wurde, sei zu begrüßen. Das reiche aber nicht aus. Ausgesetzt sei die Schließung zunächst bis 2019. Darüber hinaus wurde Ende 2016 die fünfprozentige Überbelegung der Mühlhäuser Kitas beschlossen, um Plätze für die Flüchtlingskinder zu schaffen. Schon im März kamen aber alarmierende Nachrichten vom Fachdienst Familie und Jugend im Landratsamt, dass dieser Kompromiss bei weitem nicht ausreiche. Und das Ende der 5Prozent-regelung kommt nach derzeitigem Stand ebenfalls 2019. „Das heißt, zum 1. Januar 2020 fallen in Mühlhausen auf einen Schlag 123 Kindergartenplätze weg“, betont Sandy Kirchner. Da helfe es nicht viel, dass Demografen ab 2018 einen Knick in den Anmeldezahlen prognostizieren.
Dazu komme, dass sich vor den Grenzen Europas die Flüchtlinge stauen. Zurzeit scheinen die Grenzen geschlossen, aber doch vor allem wegen der bevorstehenden Wahl, so Kirchner. „Es wäre gut, wenn die neue Bundesregierung schnell anfängt zu regieren. Und nicht nur Ausländer bekommen Kinder“, sagt Kirchner. Der Trend gehe auch hier eher zum Drittkind.
Laut Bundesprogramm sollen bis 2021 rund 100 000 neue Kita-plätze in Deutschland entstehen. Mühlhausen sollte da nichts verpassen. Für die Zukunft gerüstet zu sein bedeute aber auch, über Qualität zu reden. So sei die Diskussion, ob eine Erzieherin zwölf Drei- und Vierjährige betreuen kann oder doch eher weniger, bis dato ergebnislos, während der reale Betreuungsschlüssel nach wie vor bei 1:16 liege. „Und wir brauchen auch das beitragsfreie Kinderjahr“, betont sie. Und zwar statt dem letzten das erste Jahr, um die ganz jungen Familien zu entlasten.