Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Tarifabschluss für Thüringer Metallbranche
Gewerkschaft und Arbeitgeberverband einigen sich auf Übernahme des Pilotvertrages. Neue Regeln bei der Arbeitszeit
Erfurt. Weitere Streiks sind vom Tisch – in der Thüringer Metallund Elektroindustrie gibt es einen Tarifabschluss.
Im Dorint-hotel am Dom in Erfurt einigten sich gestern nach mehrstündigen Verhandlungen die IG Metall und der Verband der Metall- und Elektroindustrie Thüringen auf eine Übernahme des Pilotvertrages in Badenwürttemberg.
Beide Seiten waren mit dem erklärten Willen zum Abschluss zu kommen, in diese Gespräche gegangen. Man müsse allerdings noch einige Besonderheiten für Thüringen regeln, hieß es zum Auftakt dieser vierten Verhandlungsrunde für die rund 17 000 Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in Thüringen.
Der Chef des Bezirkes Mitte der IG Metall – zu dem Thüringen, Hessen, Rheinland-pfalz und das Saarland gehören –, Jörg Köhlinger, hatte die Übernahme des Pilot-abschlusses zum Ziel dieser Runde gemacht.
Nach Angaben der Gewerkschaft haben sich in der laufenden Tarifauseinandersetzung seit dem Beginn der Warnstreiks am 8. Januar im gesamten Bezirk Mitte über 190 000 Beschäftigte an mehr als 650 Warnstreiks und Kundgebungen beteiligt, darunter waren allein vierzig ganztägige Warnstreiks.
Der neue Tarifvertrag sieht eine Einmalzahlung von 100 Euro für den Monat März und 4,3 Prozent mehr Entgelt und Ausbildungsvergütung ab dem 1. April vor. Hinzu kommen unter anderem ein Anspruch auf befristete Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf bis zu 28 Stunden und zusätzliche 8 freie Tage für Kindererziehung und Pflege sowie Entlastung bei Schichtarbeit.
Mit der Erhöhung der Einkommen habe man eine angemessene Beteiligung der Arbeitnehmer am wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen erreicht, sagte Köhlinger. „Mit dem Anspruch auf Arbeitszeitverkürzung hat die IG Metall einen Paradigmenwechsel in der Arbeitszeitpolitik erreicht“, zeigt sich Köhlinger überzeugt.
Für die Arbeitgeberseite gehe die jetzt vereinbarte Erhöhung der Entgelte an die „Grenze des Machbaren“, erklärte der Verhandlungsführer des Arbeitgeberverbandes, Thomas Kaeser. Einige Unternehmen im Freistaat stelle das vor enorme Herausforderungen.
Positiv bewerteten die Arbeitgeber allerdings die lange Laufzeit des neuen Tarifvertrages mit vereinbarten 27 Monaten. Das gebe den Unternehmen die notwendige Planungssicherheit für die nächste Zeit, so Kaeser.
Als Erfolg werteten die Thüringer Metallarbeitgeber auch die Vereinbarung, wonach die wöchentliche Arbeitszeit bei Bedarf erhöht werden kann. Das ermögliche den Firmen eine größere Flexibilität, die im Wettbewerb erforderlich sei, hieß es. Insgesamt sei der – jetzt auch für Thüringen übernommene – Pilotabschluss aus Baden-württemberg aber ein Kompromiss mit Vor- und mit Nachteilen für die Unternehmen.