Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Noch kein Bewerber für das Amt
Weinbergens Bürgermeister Hans-martin Menge über einen möglichen Wechsel nach Mühlhausen und die Kommunalwahl
Bollstedt. Mühlhausen hatte viele Wunschkandidaten für eine Eingemeindung. Außer Weinbergen waren alle froh, dass der Kelch – vorerst – an ihnen vorbei gegangen ist. Der Gemeinderat wird sich kurzfristig mit einem Beitritt nach Mühlhausen befassen. Wir sprachen darüber mit Bürgermeister Hans-martin Menge (parteilos).
Herr Menge, warum wählt Weinbergen diesen Weg?
Wir hätten sicher noch ein paar Jahre eigenständig arbeiten können. Dann hätten wir alles, bis auf den letzten Cent, ausgegeben, hätten unsere Immobilien und Ländereien verkaufen müssen. Doch auch wir hätten angesichts von fehlenden Einnahmen vor der Frage gestanden: Müssen wir die Steuern erhöhen? Können wir uns noch die vier Kindertagesstätten leisten, immerhin kosten sie uns 750 000 Euro im Jahr. Wie ist es um die finanzielle Situation bestellt?
Wir haben zwar große Ziegelwerke, die Arbeitsplätze bringen, aber keinen Euro Gewerbesteuer. Das hilft uns nicht, um die Infrastruktur in der Gemeinde zu erhalten. Da sind kleine und mittelständische Unternehmen schon die zuverlässigeren Steuerzahler. Auf der anderen Seite haben wir in diesem Jahr vom Land mehr Zuweisungen bekommen. Letztlich aber geht es stockender voran als vor ein paar Jahren. Wir müssen auf breiter Ebene investieren. Ich sehe die Zusammenarbeit mit Mühlhausen als Kompromiss.
Der Vertrag Mühlhausen – Weinbergen wird derzeit fertig gestellt. Wie dick ist er? Nicht so dick wie der Koalitionsvertrag in Berlin, aber dicker als der Vertrag, den wir 1994 beim Zusammengehen von Seebach, Bollstedt, Höngeda und Grabe ausgearbeitet haben.
Wird es in Bollstedt Ansprechpartner für die Bürger geben? Übergangsweise sicher, wir wollen eine Art Bürgerservice. Aber ehrlich: 1994 haben wir in den Dörfern auch Sprechstunden angeboten, aber die haben sich mit der Zeit überlebt.
Es ist zu hören, dass Weinbergen den Wechsel auch an Bedingungen knüpft, das heißt, noch einige Wünsche erfüllt haben möchte.
Die Ortsteile haben eine Prioritätenliste erarbeitet. Da stehen zum Beispiel die Sanierungen der Rasenstraße in Bollstedt, des Unterdorfs in Grabe, der Bergstraße in Höngeda und der Wiesenstraße in Seebach drauf.
Der Wechsel nach Mühlhausen bringt höhere Steuern für die Menschen in Weinbergen mit sich. Spricht das nicht gegen einen Wechsel?
Real eingeschätzt, kommen wir kurzfristig an Steuererhöhungen nicht vorbei. Aber wenn es uns gelingt, die jetzigen Hebesätze für die gesetzlich festgeschriebene Übergangszeit bis 31. Dezember 2021 zu zementieren, haben wir für unsere Steuerzahler doch etwas erreicht.
Wie viel Geld bekommt Weinbergen als Hochzeitsprämie? Laut Gesetz entsprechend der Einwohnerzahl 600000 Euro. Das ist doppelt so viel, wie wir bekommen hätten, wenn wir in der ersten Phase der Gebietsreform ja gesagt hätten.
Oft war von Identitätsverlust zu hören, den ein Wechsel in größeren Kommunen mit sich bringt. Teilen Sie die Furcht? Nein. Die Identität hängt davon ab, wie sich die Einwohner einbringen. So bleibt Dorf dann auch Dorf.
Am 15. April wird in Weinbergen trotzdem der Bürgermeister gewählt. Treten Sie an?
Ich habe bisher noch nicht ja gesagt. Aber es liegt auch noch keine Bewerbung eines anderen Kandidaten vor.