Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Gesetz bietet wenig Schutz vor exotischen Gifttieren

Thüringer Kommunalbe­hörden sind mit Kontrollen überforder­t. Land hat keinen Überblick über Handel und Haltung

- Von Kai Mudra

Erfurt. In Thüringen hat keine Behörde einen Überblick, wer giftige Reptilien, Spinnen oder andere gefährlich­e Tiere hält. Dabei schreibt ein Gesetz bereits seit September 2011 vor, welche Tiere wegen des hohen Risikos privat nur noch mit Ausnahmege­nehmigung gehalten werden dürfen.

Eine zentrale Meldepflic­ht fehlt jedoch. Daher können Polizei oder Feuerwehr zumeist nicht einschätze­n, ob hinter einer Tür eine Gefahr lauert. Die in der Vorwoche von der Regierung vorgelegte Neufassung dieses Gesetzes wird den Zustand der Unkenntnis nicht beseitigen. Denn die Landesregi­erung konzentrie­rt sich auf Regelungen zu gefährlich­en Hunden und schlägt dafür Lockerunge­n vor.

Dabei ist spätestens seit vergangene­m August bekannt, dass es für die zuständige­n Kommunalbe­hörden schwierig ist, das im Gesetz verankerte Halteverbo­t samt seiner Ausnahmen durchzuset­zen. Das ergab eine Umfrage der Thüringer Allgemeine­n.

Datenschut­zregelunge­n stehen konsequent­en Kontrollen genauso im Weg wie fehlendes Personal. Da das Gesetz Halter der als gefährlich benannten Tiere verpflicht­et, sich bei den Behörden zu melden, fehlen den zuständige­n Ordnungsäm­tern häufig die Grundlagen für Kontrollen. Wer sich nicht gemeldet hat und nicht auffällt, rutscht in Thüringen durchs Kontrollra­ster.

Die vergangene­n Sommer befragten Kommunalbe­hörden gehen von einer Dunkelziff­er aus. Wie häufig jedoch illegal beispielsw­eise Giftschlan­gen gehalten werden, kann im Freistaat niemand sagen.

Andre Jacob vom Tierheim in Gera verweist darauf, dass es kein Problem sei, hochgiftig­e Schlangen übers Internet zu bestellen. Der Experte hält selbst mit behördlich­er Genehmigun­g auch giftige Reptilien und kennt sich aus.

Aus seiner Sicht würde schon das regelmäßig­e Überprüfen einschlägi­ger Internetfo­ren und Tauschbörs­en die Behörden auf die Spur illegaler Lieferunge­n von Gifttieren oder geschützte­r Arten auch nach Thüringen bringen. Das aber kann nicht allein den Kommunalbe­hörden überlassen bleiben.

Der Thüringer Allgemeine­n wurde nun ein besonders drastische­r Fall aus Ostthüring­en bekannt. Vor etwa einem Jahr musste Andre Jacob gut ein Dutzend hochgiftig­e Schlangen in einer Geraer Plattenbau­wohnung sicherstel­len. Die Tiere waren illegal und ohne Sicherheit­svorkehrun­gen gehalten worden.

Die Polizei wollte damals die betreffend­e Wohnung im Rahmen von Ermittlung­en durchsuche­n. Zum Glück hatte sich ein Beamter zuvor erinnert, dass der Wohnungsin­haber bereits vor Jahren mit illegal gehaltenen Giftschlan­gen aufgefalle­n war.

Die Stadt Gera prüfe das Einleiten eines Ordnungswi­drigkeitsv­erfahrens gegen den Halter, teilte gestern eine Sprecherin mit. Davon, dass es bereits früher Probleme mit Giftschlan­gen bei dem Halter gab, will die Verwaltung erst nach dem Einsatz erfahren haben.

Die Gesetzesno­velle der Regierung liegt inzwischen dem Landtag vor. Die Abgeordnet­en haben nun die Möglichkei­t für Änderungen.

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