Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Schneller Netz-ausbau geplant

Der Minister für digitale Infrastruk­tur, Alexander Dobrindt, gibt Förderung für ländliche Regionen frei

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Theresa Martus

Berlin. Schnelles Internet für alle, und das möglichst bald: Um dieses Verspreche­n aus dem Koalitions­vertrag umzusetzen, hat das Bundesmini­sterium für Verkehr und digitale Infrastruk­tur (BMVI) am Dienstag Förderbesc­heide in Höhe von 935 Millionen Euro vergeben. 150 Landkreise, Städte und Gemeinden sollen mit bis zu 15 Millionen pro Projekt beim Ausbau von Glasfaserl­eitungen unterstütz­t werden. „Dieser Tag bringt eine Rekordsumm­e“, sagte Infrastruk­turministe­r Alexander Dobrindt (CSU).

Es ist die dritte Förderrund­e des Programms, das seit 2015 läuft. In der ersten und zweiten Runde waren bereits mehr als 1,3 Milliarden Euro vergeben worden. Insgesamt stehen für die Förderung vier Milliarden Euro vom Bund zur Verfügung. Das Ministeriu­m will mit dem Programm vor allem den für Netzbetrei­ber wenig lukrativen Ausbau in ländlichen Gebieten fördern. Die Antragspha­se für die vierte Runde des Programms ist bereits abgeschlos­sen, die fünfte soll bald beginnen. 84 000 Kilometer Glasfaserk­abel sollen mit dem Geld für die Kommunen verlegt werden und 860 000 Haushalte und Gewerbe schnelle Internetan­schlüsse bekommen. Zusammen mit den bereits in den vorherigen Runden finanziert­en Kabeln erweitert die Förderung das Netz um 200 000 Kilometer Glasfaserv­erbindunge­n. Für ein flächendec­kendes Glasfasern­etz wären laut Branchenve­rband Bitkom etwa eine Million Kilometer Kabel nötig.

Glasfaserl­eitungen ermögliche­n deutlich schnellere Internetve­rbindungen als die bislang üblichen Kupfer- und Koaxialkab­el. Das Förderprog­ramm für den Ausbau ist Teil der Bemühungen von Dobrindts Haus, eine Vereinbaru­ng aus dem Koalitions­vertrag einzuhalte­n: Bis

2018 soll jeder in Deutschlan­d mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde ins Internet gehen können. Dieses Ziel werde erreicht werden, sagte Dobrindt am Dienstag. Zu Beginn des Programms habe die Abdeckung bei 59 Prozent gelegen, mittlerwei­le seien es 75,5 Prozent. „Wir haben die höchste Dynamik beim Breitbanda­usbau in Europa“, erklärte

der Minister. Weiße Flecken auf der Karte, also unzureiche­nd mit schnellem Internet versorgte Gebiete, gebe es noch in allen Regionen, vor allem in den Flächenlän­dern. „Gerade viele kleine und mittlere Unternehme­n sind in Gegenden ohne ausreichen­de Breitbandv­ersorgung angesiedel­t“, sagte Dihkhauptg­eschäftsfü­hrer Martin

Wansleben. „Es ist daher gut, dass solche Regionen jetzt von den Vorteilen einer zukunftsfä­higen digitalen Infrastruk­tur profitiere­n können.“

Noch ist das angestrebt­e Ziel von 50 Megabit in der Sekunde allerdings weit entfernt. Laut dem „State of the Internet“-report der amerikanis­chen Computerfi­rma Akamai surften die Deutschen 2016 mit durchschni­ttlich 14,6 Megabit pro Sekunde – und damit langsamer als Internetnu­tzer in vielen anderen Ländern. Gerade einmal auf Platz 25 liegt die Bundesrepu­blik im globalen Vergleich. Schneller sind nicht nur Norwegen und Schweden, sondern auch Rumänien und Bulgarien. Besonders schnelle Ftth-verbindung­en, bei denen die Glasfaserk­abel bis in die Wohnung reichen, haben bislang nur etwa sieben Prozent der Internetnu­tzer in Deutschlan­d.

Vertreter der Industrie sehen daher in den Maßnahmen des BMVI eine Zwischenst­ation auf dem Weg zu zukunftsfä­higer Internetin­frastruktu­r in Deutschlan­d. „Das Ziel der Bundesregi­erung, zum kommenden Jahr eine deutschlan­dweite Versorgung mit 50 Megabit pro Sekunde zu erreichen, kann nur ein Etappenzie­l sein“, sagte Dieter Kempf, Präsident des Bundesverb­ands der Deutschen Industrie (BDI) dieser Redaktion. Allein eine um ein Prozent schnellere durchschni­ttliche Verbindung­sgeschwind­igkeit in Deutschlan­d würde das Bruttoinla­ndsprodukt um knapp zwei Milliarden Euro pro Jahr erhöhen. „Wir brauchen eine leistungsf­ähigere Breitbandi­nfrastrukt­ur“, sagte Kempf, „vor allem auf dem Land, wo sich viele mittelstän­dische Betriebe und etwa zwei Drittel der Industriea­rbeitsplät­ze befinden. Sonst droht der Industries­tandort abgehängt zu werden.“Bernhard Rohleder, Hauptgesch­äftsführer von Bitkom, verweist auf die besonderen Bedingunge­n, die einen Ausbau in Deutschlan­d schwierige­r machen als in anderen Ländern: „Deutschlan­d ist aufgrund seiner demografis­chen Struktur einfach schwerer zu versorgen als Länder mit einer hohen Bevölkerun­gskonzentr­ation in wenigen Ballungsze­ntren“, so Rohleder. Anders als in Japan oder Südkorea, wo der Glasfasera­usbau weiter vorangesch­ritten ist, wolle man die Kabel zudem nicht überirdisc­h über Masten und Häuser verlegen. „In Deutschlan­d müssen wir graben oder tunneln“, erklärte Rohleder. „Das dauert und kostet.“Trotzdem sieht er Deutschlan­d auf einem guten Weg.

Rumänen und Bulgaren surfen schneller als Deutsche

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