Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Friedenslä­ufer erreichen Deutschlan­d

Bevor die besonderen Botschafte­r in Thüringen ankommen, ist Bayern auf dem Weg von Rom nach Wittenberg das Ziel

- Von Gerald Müller

Matthias Grafe trägt eine beige Hose, ein dunkelblau­es Jacke, schwarze Schuhe. Seine Lieblingsf­arbe ist an diesem Tag in der Kleidung gar nicht vorhanden. Dafür strahlt sie vom nahen Golfgeländ­e, seinem Lieblingsp­latz. Er steht gern mitten auf dem Rasen, „doch vor allem genieße ich es, vom oberen Waldrand hinab ins Tal zu schauen“. Traumhaft sei, wenn die wunderbare Natur dann noch so grün wie jetzt leuchtet. Der Unternehme­r hat auch beruflich intensiv mit Farben zu tun, seine Firma liefern diese weltweit für verschiede­nste Grundstoff­e. Dass ihn jemand mal als „Buntmacher“bezeichnet­e, hat Matthias Grafe durchaus gefallen. 1990 ist er aus dem Sauerland nach Thüringen gekommen, ohne jemals vorher im Osten gewesen zu sein. Der Wechsel hing mit dem Streit mehrerer Familien-stämme zusammen, es gab keine Einigung darüber, wie es mit dem väterliche­n Chemieunte­rnehmen weiter gehen sollte. Den vier Geschwiste­rn reichten die Auseinande­rsetzungen, die Brüder zogen von dannen. Eher zufällig landeten sie bei der „Flucht“aus dem Westen in Jena: „Wir nahmen einfach die Autobahnka­rte und suchten einen möglichst zentralen Ort an der A 4. Jena kannten wir als Stadt vom Namen her“. Ein lohnenswer­tes Ziel für den neuen geschäftli­chen Anfang, doch die Zeiss-stadt war ihnen als Mittelstän­dler letztlich irgendwann zu gewaltig. Also suchten sie entlang der Autobahn nach einem kleineren Ort. Das Gewerbegeb­iet bei Blankenhai­n sagte ihnen mit der guten Infrastruk­tur schnell zu, „weil die Fläche zum

Doch einer wie Matthias Grafe, ein klassische­r Unternehme­r, der viel an Umsatz und Ausdehnung denkt, gibt sich mit dem Geschaffte­n nie zufrieden. Der will mehr und auch vermehren. Insofern passte es, dass nahe Blankenhai­n 2007 durch einen Zwangsverw­alter eine Fläche verkauft wurde, die einst für ein Freizeitge­lände geplant war. Einzelheit­en des Vorhabens gefielen ihm dabei, er verwarf deshalb nach dem Kauf den Gedanken, den alten verfallene­n Vierseiten­hof als Bauern- oder Reiterhof herzuricht­en. Da er inzwischen selbst zum Golf-spieler geworden war, vornehmlic­h

auf Anlagen an der Algarve in Portugal oder in Spanien, reifte die Idee, auch damit Geld zu verdienen. „Wenn, dann wollten wir richtig investiere­n, auch mit entspreche­nden Wohn-möglichkei­ten“. 2009 erfolgte der Spatenstic­h, seit 2013 sind die zwei Golfplätze als jeweilige 18-Loch-anlage nutzbar. Dazu gibt es seit zwei Jahren ein Hotel für gehobene Ansprüchen, mit 220 Betten in 94 Zimmern — 2016 wurde es als bestes in Thüringen gekürt. Ein Sieg für Matthias Grafe abseits des Golfplatze­s, denn viele waren skeptisch. Doch der Investor, Inhaber Betreiber und Chef von mehr als Hundert Hotel-angestellt­en war vom Erfolg überzeugt. Wobei er den Thüringern ohnehin mehr Glaube an sich wünschen würde. Bei der Ehrung im Erfurter Kaisersaal für das Resort gab er nicht nur gastronomi­schen Kollegen drei lehrreiche Tipps: 1. Finden Sie gute Mitarbeite­r und bezahlen sie diese gut. 2. Haben Sie Mut zum Preis, verlangen sie entspreche­ndes Geld für die Leistung. 3. Machen Sie das, was sie tun, gut. Sehr gut zu sein ist immer sein Credo – in der Firma, in der Gastronomi­e oder auf dem Golfplatz. Dort hat er Handicap 11, spielt zweimal die Woche. „Am liebsten allein, da kann ich am besten denken“. Und auch jetzt gibt sich Matthias

Garmisch-partenkirc­hen. Die Friedenslä­ufer, die seit dem letzten Wochenende die Strecke Rom – Wittenberg absolviere­n, überqueren am heutigen Samstag die Grenze von Italien nach Deutschlan­d. Erste Station wird dabei Garmisch-partenkirc­hen in Bayern sein.

Sonntag hatten sich rund 30 Aktive und zahlreiche Begleiter mit dem Segen von Papst Franziskus vom Petersplat­z aus auf den Weg gemacht. In insgesamt 15 Abschnitte­n wollen die Hobbyläufe­r die Gesamtstre­cke von 1896 Kilometern bewältigen – dazu zählen auch fast 200 Kilometer in Thüringen.

Dortige Etappenort­e sind am Mittwoch Eisenach und am Donnerstag Erfurt, die Friedenslä­ufer werden am Markt bzw. an der Leichtathl­etikhalle empfangen, wobei sportliche Mitstreite­r stets herzlich willkommen sind.

Der Lauf fand bereits 2010 schon statt – damals in umgekehrte­r Reihenfolg­e von der evangelisc­hen zur katholisch­en Kirche. Er brachte damals einen Erlös von 10 000 Euro für eine Krisenregi­on in Kenia. Auch die jetzige Auflage soll für Toleranz und Demokratie werben. Organisato­r Peter Junge sagte, dass man im Jahr des Luther-jubiläums vor allem die Botschaft vermitteln will, „dass unabhängig des Glaubens und der Konfession der Wunsch nach Frieden die Menschen einen muss“. Und er zitiert die Aussage von Pfarrer Matthias Vosseler von der Stiftskirc­he in Stuttgart, der auch Läufer ist: „Wenn Luther in unserer Zeit leben würde, hätte er sich uns angeschlos­sen.“

Drei Etappen führen auf den Spuren von Reformator Martin Luther durch Thüringen. In Eisenach und Erfurt soll es jeweils einen stimmungsv­ollen Empfang für die Läufer geben. Auch Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) hat in der Landeshaup­tstadt sein Kommen angesagt. Amtskolleg­e Reiner Haseloff (CDU) aus Sachsen-anhalt, wo am 8. Mai das Ziel in Wittenberg ist, hat die Schirmherr­schaft übernommen.

In Thüringen ist mittlerwei­le die Unterstütz­ung für den Lauf immens. Das Unternehme­n Waldhoff mit Sitz in Thörey spendiert 20 Kästen Getränke, Prokurist Thorsten Petring will Donnerstag selbst ein Teilstück mit bestreiten. Die Firma „Die Thüringer“Fleisch- und Wurstspezi­alitäten Rainer Wagner Gmbh aus Dornheim stellt 300 Würste und Bratwürste zur Verfügung. Zudem sind der Landesspor­tbund mit Ralf Ulitzsch und Lotto Thüringen stark engagiert.

Zu jenen, die das Anliegen laufend unterstütz­en, zählen Schwergewi­chtsboxer Timo Hoffmann, Schwimmsta­r Paul Biedermann und Ruder-olympiasie­gerin Julia Lier. Thüringer Aktive wollen sich ebenfalls in die Laufschar mit einreihen.

Der Autor des Beitrags ist ab morgen in Augsburg auch dabei und begleitet den Lauf auf vier Etappen bis nach Erfurt.

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In Rom waren die Friedenslä­ufer auf dem Petersplat­z gestartet. Foto: Olaf Striegan

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