Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Gabriel wehrt sich gegen Netanjahu
Außenminister spricht von Ultimatum des israelischen Premiers
Berlin. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) wehrt sich gegen Vorwürfe des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, er habe den diplomatischen Eklat beim Israel-besuch verursacht. „Ich habe gar nichts eskaliert“, sagte Gabriel dieser Zeitung. „Sondern der israelische Ministerpräsident hat mir ein Ultimatum gestellt: Entweder ich sage das Gespräch mit regierungskritischen Organisationen der israelischen Zivilgesellschaft ab, oder er trifft sich nicht mit mir.“
Das habe mit dem Holocaustgedenktag am Tag zuvor nichts zu tun, erklärte der Außenminister. „Es ist eine Ausrede“, so der Spd-politiker.
Gabriel verteidigte sein Treffen mit Regierungskritikern: „Dass ich mich bei diesem wichtigen Thema auch mit Kritikern der israelischen Regierung treffe, ist weder ungehörig noch ungewöhnlich noch überraschend.“Treffen dieser Art seien „ein üblicher Teil unserer Besuchsprogramme, übrigens auch in Europa“. Bisher habe es damit nie Schwierigkeiten gegeben, „wohl weil es so selbstverständlich ist“, erklärte Gabriel.
Er betonte: „Die aktuelle Regierung ist nicht Israel, auch wenn sie das gern so darstellt.“Für Israel einzustehen, dürfe ja nicht gleichbedeutend damit sein, zum Beispiel die Rechte der Palästinenser zu ignorieren. „Unsere deutsche Haltung zum israelischen Siedlungsbau ist hinlänglich bekannt“, so der Minister. Trotzdem bedauere er die Absage durch den israelischen Ministerpräsidenten, „den ich ja schon oft getroffen habe“.
Der deutsche Außenminister hatte sich am Dienstag mit Vertretern der Gruppen Breaking the Silence (Das Schweigen brechen) und Betselem getroffen. Beide kritisieren Israels Siedlungspolitik in den besetzten Palästinensergebieten.
Netanjahu hatte Gabriel in der „Bild“-zeitung Instinktlosigkeit vorgeworfen. Besonders kritisierte Netanjahu den Zeitpunkt des Treffens einen Tag nach dem israelischen Holocaust-gedenktag.