Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Schöpfer eines kleinen Welttheate­rs

Spd-politiker und Lyriker Hans-jürgen Döring ist tot

- Von Frank Quilitzsch

Leinefelde. Er hatte noch viel vor – als Dichter, als Vorsitzend­er des Thüringer Schriftste­llerverban­ds und als Kulturpoli­tiker im (Un-)ruhestand. Am Samstagabe­nd ist der Spd-politiker Hans-jürgen Döring überrasche­nd im Alter von 65 Jahren gestorben.

Döring verkörpert­e mit seinem offenen, einnehmend­en Wesen etwas, was nur wenige Menschen auszeichne­t: Er fand die Balance zwischen Politik und Poesie, er war Demokrat mit ganzer Seele. Als Politiker kämpfte er leidenscha­ftlich für den Erhalt der Thüringer Kulturland­schaft, und als Lyriker bereichert­e er sie. Er schuf sich und uns sogar ein eigenes kleines Welttheate­r: „Theatrum Mundi“nannte er sein erstes Bändchen mit 33 Gedichten.

Lyrik, bekannte der 1951 in Magdeburg geborene Lehrer für Sport und Deutsch, der bis 1989 im Eichsfelde­r Hundeshage­n unterricht­ete, sei für ihn anfangs nur ein Ventil gewesen. Die FDJ hatte einst seine Begabung gefördert, und die Begegnung mit dem Jenaer Opposition­ellen Jürgen Fuchs, mit dem ihn eine enge Freundscha­ft verband, ermutigte ihn, die Widersprüc­he des Sozialismu­s zu benennen. Döring, der die Silly-rockmusik liebte und bei Tamara Danz mal eine Nacht mit Rio Reiser durchgezec­ht hatte, dichtete überall – im Zug, bei Spaziergän­gen und im Landtag. Dort stellte er im Juli 2013 auch seinen zweiten Lyrikband vor.

Der Spagat zwischen Politik und Poesie, Katholizis­mus und Sozialdemo­kratie, Utopie und Wirklichke­it zog sich durch sein ganzes Leben: Hans-jürgen Döring hat die SPD im Eichsfeld mitgegründ­et und das Thüringer Literatur Quintett (TLQ) mit aus der Taufe gehoben. Dort, wo die kommunalen und Landeszusc­hüsse nicht hinlangten, half er mit Tlq-benefizles­ungen nach. Nun wird er beim Auftritt zu den diesjährig­en Thüringer Literaturt­agen fehlen.

Bis zuletzt bewahrte sich Döring den gesunden Zweifel und die Fähigkeit, sich infrage zu stellen. In einem Interview über den Thüringer Schriftste­llerverban­d forderte er einmal, die Autoren müssten lernen, „im Regen zu tanzen“. Er war selber kein begnadeter Tänzer, doch auch wegen solcher Formulieru­ngen, die seinem sympathisc­hen Wesen entsprange­n, halten wir ihn in liebender Erinnerung.

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Hans-jürgen Döring. Foto: P. Michaelis

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