Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Über eine Rückkehr zu den Wurzeln

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Eben noch war Schauspiel­er Stefan ein Bote, der auf der Bühne eines Münchner Theaters seinen Mitspieler­n eine schlechte Nachricht überbringt. Im nächsten Moment wird er durch die endlosen Gänge des Hauses zum Telefon in der Portierslo­ge gerufen, um selbst eine Hiobsbotsc­haft zu erhalten: Im fernen Bochum ist sein Vater gestorben.

Noch im Theaterkos­tüm und martialisc­h geschminkt, steigt er in den nächstbest­en Zug und fährt in die alte Heimat – nach  Jahren Abwesenhei­t. Immer noch ruht der Schlüssel zum Reihenhäus­chen in einer Zechensied­lung im altvertrau­ten Versteck, immer noch ziert das Schild „Ausfahrt freihalten“die Tür zu seinem alten Jugendzimm­er. Überhaupt scheint in dem Film „Sommerfest“alles an seinem alten Platz: ein (Arbeiter-)leben voller Erinnerung­sstücke, zwischen denen jetzt nur der Vater fehlt. Stefan wäscht sich die Schminke ab, zieht einen Anzug des Verstorben­en an und kehrt zurück in seine Vergangenh­eit: zu den alten Bekannten und Freunden, zu vertrauten Plätzen im „Pott“, zu den Sprüchen der stets Daheimgebl­iebenen. Ein langes Wochenende will Stefan bleiben, um die Beerdigung zu arrangiere­n, doch mit der Nähe zu seinen Wurzeln geht er Stück für Stück auf Distanz zu seinem jetzigen Leben, spürt immer deutlicher seine Unzufriede­nheit. Sönke Wortmann hat den „Pott-roman“des Bochumers Frank Goosen als sanfte Nostalgie-komödie adaptiert, als melancholi­sche Geschichte einer Rückkehr und des Ankommens in der alten Heimat.

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