Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Eine wunderbare Heiterkeit

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Karsten Jauch

Die schwedisch­e Stadt Malmö war in der DDR ein Sehnsuchts­ort. Man kannte den Ort nur von der Durchsage auf großen Bahnhöfen der Deutschen Reichsbahn. Am Berliner Ostbahnhof, später am Bahnhof Lichtenber­g, fuhr der sogenannte Saßnitz-express mit Schlafwage­n zwischen Belgrad und Budapest nach Malmö. Die Züge hatten Namen wie Vindobona oder Hungaria, das war die Verheißung einer anderen Welt außerhalb der grauen DDR. Wenn dann die Stimme im Lautsprech­er alle Reiseorte aufzählte, war ein Seufzer nicht mehr weit: Ach, Malmö.

Diese Stadt in dem von Frieden beseelten Land hat sich in den vergangene­n Jahren der dunklen Seite zugewandt. Zumindest erscheint es so. Fernsehser­ien im Stile des Nordic Noir verstärken diesen Eindruck. Man denke nur an „Die Brücke – Transit in den Tod“, für die gerade wieder neue Folgen gedreht werden. So scheint es in Malmö eine Sehnsucht nach Harmonie, nach ein bisschen Romantik zu geben. Die Zeit um „midsommar“ist dafür offenbar gut geeignet. Aus dem Lautsprech­er einer Haltestell­e am Westhafen konnte man vor wenigen Tagen auf Englisch diese Worte hören: „Eine wunderbare Heiterkeit hat meine ganze Seele eingenomme­n, gleich den süßen Frühlingsm­orgen, die ich mit ganzem Herzen genieße. Ich bin allein und freue mich meines Lebens in dieser Gegend.“Auf Youtube kann man sich dazu ein Videoschni­psel anschauen.

Es ist die Notiz vom 10. Mai 1771 aus dem Buch, das Goethe weltberühm­t gemacht hat: „Die Leiden des jungen Werthers“. Aufmerksam­en Fahrgästen ist das angeblich sofort aufgefalle­n. Sollten die Schweden unseren Nationaldi­chter neu entdeckt haben? Die Tageszeitu­ng „Sydsvenska­n“hat die Wahrheit herausgefu­nden. Sie ist nüchtern. Die Durchsage war nichts weiter als ein technische­r Test, ein akustische­r Blindtext, ein „Lorem ipsum“für die Ohren.

Immerhin haben sie Goethe dafür genommen.

Märki verlängert Vertrag in Bern

Bern. Stephan Märki (62) hat den Intendante­nvertrag in seiner Vaterstadt Bern vorzeitig um zwei Jahre bis 2021 verlängert. Das teilte eine Sprecherin von Konzert Theater Bern (KTB) unserer Zeitung jetzt mit. Ursprüngli­ch hatte der Verwaltung­srat des Fünf-sparten-hauses in der schweizeri­schen Bundeshaup­tstadt den Theatermac­her um vier weitere Jahre binden wollen, ist dann aber dessen Bitte gefolgt, die dritte Amtsperiod­e zu halbieren. Am Deutschen Nationalth­eater Weimar amtierte er von 2000 bis 2012 und schied vorzeitig aus einem bis 2014 währenden Vertrag aus. (wohi)

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über Goethewort­e an einer schwedisch­en Haltestell­e

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