Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Die Liebe in all ihren Nuancen
Musikstudenten spielen den „Sommernachtstraum“
Weimar. Da sich Liebe auf Triebe reimt und Shakespeares „Sommernachtstraum“ein ziemlich turbulentes Stück ist, liegt es auf der Hand, dass sich Gesangsstudenten der Weimarer Musikhochschule früher oder später diesem Stoff widmen. Dabei gehen sie natürlich auf ihre ganz eigene, ungenierte und experimentelle Art an den Stoff heran.
Der am Donnerstag im Studiotheater Belvedere zur Premiere gebrachte Abend „Achtung Triebjagd! (K)ein Sommernachtstraum“enttäuschte diesbezüglich nicht. Dass der Trieb laut Sigmund Freud einem körperlichen Spannungszustand entspringt, nahmen die Studenten in der Regie von Paul Enke sowie in Friederike Lettows fantasievollen Kostümen zum Anlass zu bewegungsintensiver Darstellung. Die Lust am Spiel besaß ihren Reiz nicht nur durch abrupte Tempowechsel, sondern auch durch gewisse zur Schau getragene Frivolitäten.
Raumgreifend verlief der triebhafte, körperbetonte, hormongesteuerte Tatendrang in Reifrock und Glitzer-outfit. Dabei wirkten das nachahmende Hundegebell und Löwengebrüll schon etwas skurril. Doch insgesamt fielen die Arrangements und Sprechkanons aus Robert Nassmachers Feder recht stimmig aus.
Zu Beginn erklären alle, wonach sie sich sehnen: nach der Liebe in allen Nuancen. Nachdem die geheimen Wünsche preisgegeben, laufen vierzehn Nummern zu Musik von selten aufgeführten Komponisten des 20. Jahrhunderts wie Roger Quilter, Rebecca Clarke, Peter Warlock und Noel Coward über und um die kleine Bühne herum. Elfenkönig Oberon alias Christoph Kurzweil fällt dabei die Ehre besonderer stimmlicher Reife zu, und dies nicht nur in seiner Titania vollkommen überwältigenden Potenz-arie „O Mistress Mine“von Richard H. Walthew.
Keineswegs ist dieses „Triebjagd-arrangement“nur ein bloßer Spaß. In Frage wird die romantische Liebe als höchstes aller Gefühle gestellt. Und auch der Wald als Zufluchtsort funktioniert kaum noch, denn, so Regisseur Enke, „auch im Wald gibt es einen Tag und eine Nacht, Hell und Dunkel, Leben satt und stinkendes Aas, Blüte und Totholz, das Lamm und den Tiger! Und wenn die Sonne hinter dem Horizont verschwindet, gnade Gott dem Wandrer ohne Zuflucht“.
Zu sehen heute . Uhr und morgen Uhr, Studiotheater Belvedere