Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
„Mit kleinen Beiträgen ein finanzielles Polster sichern“
Versicherungs- und Rentenexperten beantworten Leserfragen zum Thema Altersarmut
Kindererziehung, geringeres Einkommen, Minijobs, Teilzeitarbeit und Lücken in der Erwerbsbiografie – vielen Frauen drohen finanzielle Engpässe im Alter. Umso wichtiger ist die Vorsorge. Fragen dazu beantworteten beim Ta-telefonforum Susanne Widmann von der HUK Coburg, Ilona Thrän von der Verbraucherzentrale Thüringen und Patrick Meisel von der Rentenversicherung Mitteldeutschland.
Ich bin Berufsanfängerin und habe nur einen befristeten Arbeitsvertrag. Soll ich jetzt privat schon vorsorgen?
Achten sie darauf, dass die Beiträge Ihrer jeweiligen Lebenssituation angepasst werden können. Neben den staatlich geförderten Produkten zur Altersvorsorge können Sie auch ganz individuell für Ihr Alter vorsorgen. Investition in Bildung ist durchaus auch eine Form der Altersvorsorge. Wichtig ist es, das Thema nicht zu vernachlässigen und früh mit der Vorsorge zu beginnen. So kann man sich auch mit relativ kleinen Beiträgen ein finanzielles Polster für das Alter sichern.
Ich bin im Moment geringfügig beschäftigt. Kann ich trotzdem eine Riesterrente abschließen?
Zunächst müssten Sie auf die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung verzichten. Sie werden dadurch in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig, gehören damit zum für Riester förderberechtigten Personenkreis und können dann von den möglichen Umlagen beziehungsweise dem zusätzlichen Sonderausgabenabzugsbetrag bei der Ansparung eines zertifizierten Riester-vertrages profitieren.
Ich bin selbstständig in der Kosmetikbranche tätig. Wie kann ich vorsorgen?
Verschaffen Sie sich bitte zunächst Klarheit über die Höhe der sogenannten Deckungslücke: Wie hoch ist der Unterschied zwischen dem, was Sie im Rentenalter benötigen und der Höhe aller bisher zu erwartenden Alterseinkünfte? Staatliche geförderte Vorsorge- und Sparprodukte werden am ehesten für Sie in Betracht kommen. Holen Sie sich Angebote für einen Vorsorge-mix ein, der auf Ihre Einkommensverhältnisse abgestimmt ist.
Meine Tochter beginnt im Herbst eine Ausbildung. Wie kann sie mit dem Sparen fürs Alter anfangen?
Auch als Auszubildende kann und sollte Ihre Tochter schon damit beginnen, für das Alter vorzusorgen. 40 Euro monatlich können zum Beispiel in einen Vertrag über vermögenswirksame Leistungen fließen, zu denen ein Arbeitgeber häufig etwas dazugibt. Ihre Tochter sollte auch Modelle der betrieblichen Altersvorsorge in Betracht ziehen, die zumeist ebenfalls vom Arbeitgeber bezuschusst werden. Wichtig ist es, auf einen Altersvorsorge-mix zu setzen, etwa eine Mischung aus privater Rentenversicherung, betrieblicher Rente oder Fonds.
Was passiert mit der Anrechnung von Kindererziehungszeiten, wenn ich gleichzeitig versicherungspflichtig beschäftigt war?
Die Erziehungszeit wird zu der von Ihnen zurückgelegten Beitragszeit aus dem Beschäftigungsverhältnis hinzugerechnet. Das bedeutet, dass diese sich direkt auf die zukünftige Rentenhöhe auswirkt. Allerdings ist die Anrechnung stets auf die jeweilige Beitragsbemessungsgrenze beschränkt.
Ich bekomme seit vielen Jahren eine Witwenrente und möchte wieder heiraten. Fällt dann meine Witwenrente weg?
Ja. Sie haben aber einen Anspruch auf eine Abfindung. Die Abfindung beträgt das 24-fache der monatlichen Witwenrente, die Sie in den letzten zwölf Kalendermonaten im Durchschnitt bekommen haben (rund 24 Monatsrenten). Bitte schicken Sie die Heiratsurkunde unter Angabe der Versicherungsnummer umgehend ein. Für den Fall, dass die neue Ehe – egal aus welchen Gründen – endet, kann Ihre vorherige Witwenrente ganz oder auch teilweise wieder gewährt werden.
Ich bin 29 Jahre alt, habe in den letzten zehn Jahren durchgehend gearbeitet und bin jetzt sehr krank geworden. Wenn ich eine Erwerbsminderungsrente bekommen würde, wird diese nur aus meinen bisherigen Beiträgen berechnet?
Liegen sowohl die medizinischen als auch versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vor, zahlt die Rentenversicherung eine Erwerbsminderungsrente. Dabei werden nicht nur die bisher gezahlten Beiträge bis zum Eintritt der Erwerbsminderung berücksichtigt, sondern es wird so gerechnet, als ob der Versicherte diese Beiträge bis zum 62. Lebensjahr gezahlt hätte. Die Rente fällt also höher aus. Davon profitieren insbesondere jüngere Versicherte, die noch nicht lange eingezahlt haben.