Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Alte Gemäuer und ein Kühlschrank des Mittelalters
Das Nordhäuser Humboldt-gymnasium wacht mit dem Probsteikeller über eines der ältesten Bauwerke der Rolandstadt
Nordhausen. Gleich zwei verborgene Orte der Rolandstadt sind es, über die Volker Vogt wachen darf. Mit schnellen Schritten führt der Stellvertretende Schulleiter des Humboldt-gymnasiums über den Schulhof durch eine Stahltür. Von hier geht es hinab in die Tiefe des Probsteikellers, der zu den ältesten Bauwerken der Stadt zählt.
Acht Säulen tragen noch heute das solide Mauerwerk, bei dem nur der feuchte Geruch auf das Alter schließen lässt. Einst, so erzählt es Vogt, habe der Keller zum damaligen Chorherrenstift gehört, das jedoch im Jahr 1899 abgetragen wurde. Die Entstehungszeit des Gewölbes wird derzeit auf das 13. Jahrhun- dert geschätzt. Für den Schulleiter aber ist auch ein älterer Ursprung denkbar. Stehe doch in alten Schriften der Johannisloge etwas von der Unterkellerung der ehemaligen Heinrichsburg, die zwischen 908 und 912 entstand. Für Vogt jedenfalls ist dieser geheimnisvolle Ort ein perfekter Platz lebendigen Geschichtsunterrichts. Nachdem Pläne scheiterten, hier einen Weinkeller unterzubringen, führe er seine Schützlinge regelmäßig in Räume, die auch für den Luftschutz im Zweiten Weltkrieg Bedeutung hatten. Eisenstufen zu einem Notausgang zeugen noch heute davon.
Ebenso spannendes Anschauungsmaterial für Geschichtsfreunde bewahrt die Schule übrigens in ihrem Mitte der 90er sa- nierten Gebäudetrakt. Hier fanden Archäologen 1995 einen weiteren aus Naturstein gemauerten Keller. Eine ausgeklügelte Belüftungsanlage schützt diesen Fund vor dem Verfall. Und ausgeklügelt muss auch damals schon die Bauweise gewesen sein: Konisch in den Boden gebaut und mit dreieckigen Öffnungen versehen, könnte er als Kühlschrank des Mittelalters gedient haben, erklärt Vogt, der den Raum daher nur „Speicher oder Zisterne“nennt. Nachdem dieser Vorratsraum ausgedient hatte, wurde er mit Unrat aufgefüllt. Ein Schatz für Archäologen also, deren Funde – Scherben, Kirschkerne, Knochen oder Lederreste etwa – heute die Ausstellung im Tabakspeicher komplettieren. Acht Säulen tragen den Meter langen Kellerraum.