Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Funde harren noch der wissenschaftlichen Einordnung
G Rettungsgrabungen geben Aufschlüsse über Sömmerdaer Siedlungsvorgänger von vor 2000 Jahren. Hinweise auf Aktivitäten wichtig
Sömmerda. Wo und wie lebten die Menschen in Sömmerda vor rund 2000 Jahren?
Schriftliche Aufzeichnungen aus dieser Zeit gibt es nicht und auch im hiesigen Katasteramt ist nichts zu erfahren. Antworten können uns nur archäologische Untersuchungen liefern und die sind wiederum nur durch Rettungsgrabungen möglich.
Im Rahmen einer solchen Rettungsgrabung im Gewerbegebiet am Unterwege in Sömmerda, im August 2016, konnte ein Teilbereich eines bereits bekannten und zum Teil ausgegrabenen ausgedehnten Siedlungsareals aus der römischen Kaiserzeit untersucht werden.
In dieser Zeit, im 1. Jahrhundert, erlebte auch unser Gebiet eine Zunahme von Bevölkerung, was sich mit dem elbgermanischen Kulturkreis in Verbindung bringen lässt. Der hier ansässige Germanenstamm waren die Hermunduren, die möglichen Vorfahren der Thüringer. Diese nachgewiesene Siedlung muss man sich als weilerartige Ansammlung mehrerer Häuser vorstellen. Die Siedlung befand sich auf einer flachen Terrasse, die sich einem Altarm der Unstrut zuneigte. Der Zugang zu Wasserläufen war für unsere Vorfahren lebenswichtig.
Dem damaligen Grabungsteam gehörten die Grabungstechniker Heiko Vogel, Heiko Ries, Vermessungstechniker Thomas Jäger und ich an.es wurden Pfostenlöcher von mehreren Häusern dokumentiert, eine in Holz gefasste Wasserentnahmestelle gefunden – ein Hinweis, dass die Siedlung an einem alten Nebenarm der Unstrut lag. Aus Sondagen im Bereich des verlandeten Gewässerverlaufes stammen mehrere gefundene Fibelfragmente (Gewandspangen). Die hier gefundene zerscherbte Gebrauchskeramik weist in die römische Kaiserzeit (27 vor bis 400 nach Christus). Die im Kies des Altgewässers gefundenen Schmelzen, Schlacken und ein ausgeschmiedetes Metallstück stehen wohl in Zusammenhang mit der Tätigkeit eines Feinschmiedes. Leider war das Zeitfenster unserer Tätigkeit begrenzt und die Grabung war nach viel zu kurzer Zeit beendet. Und es sollte weiter gehen. Auf dem südlichen anschließenden Grundstück wurden mittels Feldbegehungen weitere Hinweise auf eine alte Siedlungsstelle gefunden.
Im Februar dieses Jahres wurde mir mitgeteilt, dass auf diesem Grundstück eine Photovoltaikanlage errichtet wird. Die Arbeiten waren fast beendet. In Nord-süd-richtung wurde im Augenblick meines Besuches ein Kabelgraben errichtet. Schon im Abraum des Grabens fand ich Keramikscherben und Tierknochen. Im Baggerprofil entdeckte ich einen Gegenstand, den ich im ersten Augenblick als einen Findling definierte. Nach vorsichtigem Freilegen des Fundes waren die Konturen eines Keramikgefäßes zu sehen, und nach einiger Zeit kam ein weiteres Gefäß zum Vorschein.
Daraufhin informierte ich das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Weimar. Tags darauf wurde der Fund durch Mitarbeiter des Amtes (Sandra Schneider, Thomas Jäger) dokumentiert, fotografiert und eingemessen. Mittels Blockbergung wurden die Funde geborgen und dabei wurde festgestellt, dass ein Gefäß auf dem Kopf stand und sich darunter ein weiteres Gefäß befand.
Die gefundene Gegenstände befinden sich jetzt in Weimar, werden wissenschaftlich untersucht und restauriert.
Ein Ergebnis der Untersuchung liegt noch nicht vor.
Ein Dank gebührt meinem Nachbarn Joachim Schelke. Ohne seinen Hinweis, dass im Gewerbegebiet gebaut wird, wäre der Fund in der Erde geblieben. Von den zuständigen kommunalen Behörden habe ich keine Mitteilung diesbezüglich erhalten. Der Gebietsreform sehe ich deshalb gelassen entgegen.
Uwe Straubel ist ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger