Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Ex-leichtathleten geben Doping zu
31 frühere Sportler aus der Bundesrepublik gestehen die Einnahme anabolischer Steroide
Berlin. Doping auf Rezept, bis zu 1000 Tabletten im Jahr - und ein mutiger Mann: 31 ehemalige Leichtathleten aus der Bundesrepublik gaben einer Studie zufolge zu, teils über Jahre hinweg anabole Steroide eingenommen zu haben. Das berichtete die Ard-dopingredaktion in der „Sportschau“(Samstag) mit Bezug auf eine unveröffentlichte Dissertation des Wissenschaftlers Simon Krivec von der Universität Hamburg.
Für seine Studie, welche die Zeit von 1960 bis 1988 erfasst, kontaktierte Krivec nach eigenen Angaben 121 ehemalige männliche Spitzensportler des Deutschen Leichtathletik-verbandes (DLV), 61 haben ihm geantwortet, 42 haben sich zur Sache geäußert, „und 31 Athleten haben die Einnahme von Anabolika bestätigt“, sagte Krivec. Verblüfft war der Wissenschaftler von der Offenheit ihm gegenüber, in Einzelfällen sei „sehr detailliert berichtet“worden.
Anhand dieser Aussagen und weiterer Daten konnte Krivec in seiner Doktorarbeit die Struktur des Anabolikamissbrauchs im Westen Deutschlands deutlich machen. Laut Ard-bericht waren Ärzte, Apotheker, Trainer und weitere Personen aus dem Umfeld der Athleten zum Teil aktiv daran beteiligt.
Die bevorzugten und häufig über Rezept bezogenen Medikamente seien Dianabol und Stromba gewesen. Bis auf wenige Ausnahmen seien die ausgestellten Rezepte von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt worden, trotz einer Dosierungen, die in fast allen Fällen „weit über den Empfehlungen der Hersteller“lagen, heißt es im Ard-bericht. Exemplarisch ein Fall aus dem Jahr 1974: „Im gesamten Jahr wurden Mengen bis zu 5000 Milligramm Dianabol konsumiert, was rund 1000 Tabletten entspricht.“Die Zeiträume der Anabolika-einnahme erstreckten sich auf bis zu zwölf Jahre.
Den Athleten sei Anonymität zugesichert worden, der ehemalige Diskuswerfer Klaus-peter Hennig bezog öffentlich Stellung. Zu seinem Erstaunen habe die Arbeit die Verhältnisse so dargestellt, „wie sie wirklich früher waren. und dass das genau so ist, wie ich das auch in Erinnerung habe, wie ich es gehört habe damals - und wie ich es natürlich selber auch gemacht habe“.
Bei „Sport inside“beschreibt der 69-Jährige den Zwiespalt der damaligen bundesdeutschen Athleten. Dieser habe ihn persönlich sehr belastet. „Auf der einen Seite will ich selber Leistung verbessern, hohe Leistung schaffen. Die Olympiateilnahme schaffen. Auf der anderen Seite weiß ich, dass das ohne unterstützende Mittel eigentlich nicht geht“, sagte der zweimalige Olympiateilnehmer.
Dreimal (1971, 1973, 1975) war Henning im Trikot von Bayer Leverkusen deutscher Diskuswurfmeister, seine persönliche Bestleistung (64,80 m) stellte er 1972 auf. (dpa)