Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Faustkeile Fehlanzeige
Steinrinne ab heute wieder geöffnet. Vortrag verrät, woher der Homo erectus einwanderte
Bilzingsleben. „Lage, Lage, Lage!“Was heute das Mantra eines erfolgreichen Immobilienmaklers ist, war auch unseren Vorfahren nicht fremd. Ob nun Steinzeit-, Früh- oder Urmenschen. Oder auch der Homo erectus bilzingslebenensis vor rund 400 000 Jahren. Er ließ sich da nieder, wo er‘s gut hatte. Und seine Nachfahren, allesamt Jäger, später immer wieder.
„Der konnte, hier oben von seinem Bergsporn aus, doch schon am Mittwoch sehen, was Sonntag auf dem Grill liegen würde“, sagt Enrico Brühl.
Brühl, der Leiter des Archäologischen Komplexes „Steinrinne“Bilzingsleben, unterhielt am Samstagabend sein überschaubares Publikum im Bilzingslebener Bürgerhaus. 20 Zuhörer waren gekommen, die – unter anderem auch aus Erfurt oder Buttstädt angereist – dafür aber begeistert und gefesselt.
Nach einer proppevollen Veranstaltung in der Landeshauptstadt hatte Brühl am Ort des Geschehens nachlegen wollen, so als eine Art Prolog zur Saisoneröffnung, die am heutigen Dienstag ansteht.
Noch am Sonntag waren Studenten der Martin-luther-universität Halle-wittenberg angereist, die seit gestern in ihren Semesterferien und im Zusammenwirken mit Mitarbeitern des Weimarer Landesamtes für Archäologie und Denkmalpflege das Gelände abschnittweise auf Oberflächenfunde ablaufen und mit Magnetsonden tiefgründig untersuchen wollen (TA berichtete). Sorgen, sie könnten nichts finden, muss sich keiner machen.
„Auf der Steinrinne gibt es noch für Jahrzehnte Funde und es wird Jahrhunderte dauern, sie alle auszuwerten“, sagt Brühl.
Allein 140 000 Feuersteinelemente wurden bisher gesichert – und darunter nicht ein einziger Faustkeil. Dabei gilt der doch weithin als das typische Arbeitswerkzeug des Homo erectus oder Neandertalers. Das möge so sein für die Urmenschen, deren Vorfahren sich aus den als Wiege der Menschheit anzusehenden Gebieten Ostafrikas über die Mittelmeerroute nach Europa aufmachten, sagt Brühl. Aber nicht für die, die zunächst bis nach (heute) Java und Peking zogen – und dann durch die eurasischen Steppen zurück kamen. Bis nach Bilzingsleben. Kein Faustkeil auf Java, keiner bei Peking, keiner auf der Steinrinne. Dies herauszuarbeiten war Ziel von Brühls Vortrag am Samstag.
Brühl unterstrich dabei, dass Bilzingsleben in einer Linie mit anderen bedeutenden Fundorten stehe, ob auf Java, in China, in Ungarn, Griechenland oder Deutschland – und dennoch sei die Steinrinne in vierfacher Hinsicht einzigartig. „Wir haben hier die älteste strukturierte Siedlungsgemeinschaft. Wir haben das älteste Bauwerk der Menschheitsgeschichte, die ältesten erhaltenen von Menschen geschaffenen Bilder und die ältesten Nachweise rituellen Handelns mit Überresten von Verstorbenen“, unterstrich er.
Von heute an kann sich, wer will, selbst ein Bild machen.
Wer sich vorher anmeldet, den führt Enrico Brühl gern selbst über die Ausgrabungsstätte und durch die Ausstellung.
Geöffnet ist dienstags bis sonntags von bis Uhr. Die letzte Führung beginnt . Uhr. Gruppen ab Personen bitte generell anmelden. Erwachsene zahlen Euro, Kinder , Euro, Familienkarte Euro, Ermäßigungen für Gruppen. Tel: ()