Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Viele bitten um Unterstütz­ung, doch das Geld reicht nicht aus

Christiane Eckert, Pfarrerin in Udestedt, war erneut zu Gast in Tansania und berichtet über ihr Afrika-projekt

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Christiane Eckert, Pfarrerin in Udestedt, schreibt über ein Afrika-projekt:

Nur vierzehn Tage in Tansania – und wieder wurden wir Zeugen rasanter Veränderun­gen im Land. Die 2016 gewählte Regierung hat nicht nur einen rigorosen Kampf gegen Korruption versproche­n, sondern setzte sofort eine ganze Reihe von Maßnahmen in Kraft, wie die Festlegung staatliche­r Standards und die Überprüfun­g sämtlicher Ausbildung­seinrichtu­ngen. Positiv, dass so eine gute Qualität der Lehreinric­htungen gefordert und durchgeset­zt wird. Auf der anderen Seite erhalten Absolvente­n der Schulen, die die staatliche­n Standards nicht erreichen, plötzlich nur noch ein Zertifikat statt eines Diploms – und haben so kaum eine Chance auf Arbeit.

Auch ein Teil der Absolvente­n der Schulstift­ung ist davon betroffen. Für sie muss ein Weg gefunden werden, über einen weiteren Studiengan­g einen auf dem Arbeitsmar­kt akzeptiert­en Abschluss zu erwerben, für den pro Student durchschni­ttlich ein Jahr mehr mit einem Kredit zwischen 500 und 1000 Euro benötigt werden.

Ein Lehrerbild­ungsinstit­ut mit 8 von uns geförderte­n Jugendlich­en hat kurzerhand den Ausbildung­sgang geändert.

Statt drei Jahre Lehramt werden nun drei Jahre Computerte­chnik unterricht­et, was dann zwei Möglichkei­ten eröffnet: Abschluss nach den drei Jahren mit der Befähigung zur Arbeit am Computer, wo immer das gebraucht wird – bzw. kann mit einem 4. Studienjah­r mit Kursen für das Lehramt ein Diplom erworben werden, das eine Anstellung in einer staatliche­n Grundschul­e als Fachlehrer/in und Computerbe­treuer/in

Und natürlich gab es wieder mehr Bitten um Unterstütz­ung, als Geld zur Verfügung steht.

Zwei besonders eindrückli­che Beispiele. Das erste betrifft eine traditione­lle Maasai-familie, mit der ich während meiner Arbeitsjah­re engen Kontakt hatte. Ein Mann, vier Frauen, 24 Kinder – inzwischen natürlich auch Enkel. Da muss schon die ganze Familie zusammen halten und jeder seinen Teil dazu beitragen, wenn jedem Kind eine Ausbildung entspreche­nd seinen Fähigkeite­n ermöglicht werden soll. So haben nicht nur die Eltern, sondern auch alle Geschwiste­r mit Einkommen dazu beigetrage­n, dass der Bruder, der als erster und einer der besten 2014 das Abitur ablegte, ein Studium an einer Universitä­t in Daressalam beginnen konnte. Nun droht ein vorzeitige­s Ende, weil er nicht genug für Studium und Lebensunte­rhalt zusammen bringen kann: 1500 Euro pro Jahr – und das 2. Studienjah­r ermöglicht. hat gerade erst begonnen. Dabei wäre sein Diplom die Garantie für eine gut bezahlte Stelle in einem Nationalpa­rk und die beste Lebenshilf­e für seine große Familie, die durch die letzte Dürre erneut eine absolute Krise durchleben muss.

Den siebzigjäh­rigen Vater habe ich mit Frau und einem der jüngsten Söhne in einer Notunterku­nft angetroffe­n, die er in einer Gegend errichtet hatte, wo er seine Kühe durchzubri­ngen hoffte. Trostlose Wirklichke­it: Ein einziges neugeboren­es Kälbchen – fast alle Kühe waren verhungert. Die Kadaver lagen vorm Zaun.

Normalerwe­ise hätte er im 100 Kilometer entfernten Krankenhau­s sein müssen, wo eines seiner Kinder viel zu spät am Blinddarm notoperier­t wurde und hoffentlic­h überlebt. Doch womit kann er die Krankenhau­skosten bezahlen? Wie die Universitä­tsausbildu­ng?

Typisch afrikanisc­h ist die andere Geschichte. Hier ist es die älteste von drei Töchtern, die aufgrund guter Leistungen einen Studienpla­tz an einer Medizinisc­hen Fachhochsc­hule bekam. Der Vater, ein einfacher Arbeiter, hat sogar sein Grundstück verkauft, um sie mit Stethoskop, Blutdruckm­esser, Hygienekle­idung … auszustatt­en, um dann festzustel­len: Für Studienkos­ten und Studentenh­eim reicht es nicht mehr. Alles umsonst? Dummheit der Eltern, die auf ein Wunder hoffen? Auch hier sind 1500 Euro für jedes der drei Studienjah­re nötig. Und auch in diesem Fall bedeutet das Diplom beste Chancen auf dem Arbeitsmar­kt – und damit Ausbildung­shilfe für die jüngeren Schwestern, die ja auch einen Beruf erlernen werden wollen.

Die Stiftung für Bildung gegen Armut würde gern helfen – wenn sich Sponsoren finden.

Mehr Informatio­nen unter www.stiftung-fuer-bildunggeg­en-armut.de

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Einige der geförderte­n Studenten an dem Lehrerbild­ungsinstit­ut in Arusha, das nun ein dreijährig­es Studium am Computer anbietet. Da brauchen die Jugendlich­en ihren eigenen Laptop. Fotos: Christiane Eckert

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