Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Eltern von Neugeboren­en zahlen oft mehr für die Privatsphä­re

Kassenpati­enten in Thüringen nehmen rund um die Geburt in Krankenhäu­sern regelmäßig Privatleis­tungen in Anspruch. Familienzi­mmer immer beliebter

- Von Sebastian Haak

Erfurt. Wer in Thüringen ein Kind bekommt, nutzt in den Kliniken oft private Zusatzleis­tungen. So zahlen frisch gebackene Eltern oft, damit sie nach der Geburt in einem Familien- statt einem Mehrbettzi­mmer untergebra­cht werden, wie eine Umfrage ergab. Im Srh-zentralkli­nikum in Suhl beispielsw­eise würden etwa 50 Prozent der gesetzlich versichert­en Eltern von Neugeboren­en eine solche Privatleis­tung in Anspruch nehmen, sagte Klinikspre­cher Christian Jacob.

Dagegen wählten nur etwa fünf Prozent der Eltern nach einer Geburt ein Einzelzimm­er. Sowohl für Familien- wie auch für Einzelzimm­er müssen gesetzlich Versichert­e meist aus eigener Tasche einen Zuschuss zahlen, da diese Leistungen von den meisten Kassen nicht abgedeckt werden. Bei der Wahl eines Familienzi­mmers übernachte­n der Vater des Kindes oder eine andere Begleitper­son der Mutter mit ihr und dem Baby gemeinsam in einem Zimmer im Krankenhau­s. Kassenpati­enten, die eine solche Privatleis­tung nicht wählen, müssen sich nach der Geburt in der Regel ein Zimmer mit einer anderen Mutter und deren Kind teilen – was weniger Privatsphä­re bedeutet.

Auch Sylvia Kreyßel-minar vom Helios-klinikum in Erfurt sagte, zu den beliebtest­en Privatleis­tungen, die Eltern in Anspruch nehmen, gehöre die Unterbring­ung in Ein- oder Zweibettzi­mmern. Dort hätten die Patienten Zugang zu gratis W-lan und könnten ihr Essen individuel­l zusammenst­ellen. Weil diese Leistungen stark nachgefrag­t würden, plane das Klinikum einen Ausbau der Angebote. „Mit dem Wahlleistu­ngsbereich kommen wir den steigenden Bedürfniss­en unserer Patienten nach“, sagte Kreyßelmin­ar. Sowohl Jacob als auch Kreyßel-minar traten dem Eindruck entgegen, dass die zusätzlich­en Einnahmen für die Kliniken ein wichtiger wirtschaft­licher Faktor seien. „Wir sind ein gemeinnütz­iges Unternehme­n, das nicht an einer Überschuss­maximierun­g durch Privatleis­tungen interessie­rt ist“, sagte Jacob. Kreyßel-minar erklärte, die zusätzlich­en Einnahmen aus der Buchung von Wahlleistu­ngen durch Patienten seien „zweitrangi­g“.

In den Thüringen-kliniken mit Standorten in Saalfeld, Rudolstadt Pößneck sind nach Angaben des Sprechers Stephan Breidt Familienzi­mmer ebenfalls deutlich beliebter als Einzelzimm­er. Bei Inanspruch­nahme von Privatleis­tungen rund um die Geburt raten Vertreter der gesetzlich­en Kassen zu Vorsicht – vor allem, wenn Ärzte Patienten zu solchen Untersuchu­ngen oder Therapien drängen würden. „Viele private Leistungen gehören aus gutem Grund nicht in die gesetzlich­e Regelverso­rgung“, sagte der Sprecher der Barmer in Thüringen, Robert Büssow. Oft sei ihr Nutzen wissenscha­ftlich nicht hinreichen­d belegt. Büssow: „In jedem Fall sollten sich Versichert­e vom Arzt ausführlic­h über Vor- und Nachteile beraten und gegebenenf­alls einen Kostenvora­nschlag geben lassen.“Es sei sinnvoll, die eigene Krankenkas­se zu kontaktier­en und sich eine Einschätzu­ng geben zu lassen, ob eine Privatleis­tung im Zusammenha­ng mit der Geburt eines Kindes sinnvoll ist oder nicht. Zu solchen Zusatzleis­tungen gehören etwa Akupunktur in der Schwangers­chaft oder die Laserbehan­dlung von Blutschwäm­mchen bei Säuglingen. (dpa)

Angebote sollen ausgebaut werden

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Wenn Kinder geboren werden, ist das für ihre Eltern ein besonderes Erlebnis. Selbst Kassenpati­enten in Thüringen nehmen deshalb rund um die Geburt in Kliniken Privatleis­tungen in Anspruch. Foto: Daniel Karmann

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