Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Ilmenauer Forscher entwickeln Chiptechnologie von morgen
Wissenschaftler wollen Energieverbrauch von Computer, Tablet und anderen Geräten um das 25-fache senken. Kleinste Bauteile nur zwei Nanometer groß
Ilmenau. In den vergangenen 50 Jahren erlebte die moderne Informationsgesellschaft eine fulminante technologische Entwicklung. Elektronische Chips für Computer, Handys und Tablets wurden immer schneller und leistungsfähiger. Die Anzahl der Schaltelemente auf einem einzelnen Chip wurde von 2300 im Jahr 1970 auf heute über 1,3 Milliarden erhöht.
Elektronische Bauelemente werden immer kleiner, aber das Ende der Miniaturisierung mit herkömmlichen Technologien ist absehbar. Experten vermuten, dass zwischen 2025 und 2035 die physikalische Konstruktionsgrenze heutiger Transistoren erreicht sein wird. Leistungsfähige elektronische Geräte bei möglichst niedrigem Energieverbrauch erfordern nicht nur völlig neu konzipierte Transistoren, sondern auch immer kleinere Strukturen für diese Halbleiter-bauelemente. Im soeben beendeten europäischen Verbundprojekt „Single Nanometer Manufacturing for beyond CMOS Devices (SNM)“optimierte ein großes europäisches Forscherteam unter der Leitung von Professor Ivo W. Rangelow, Leiter des Fachgebiets Mikro- und Nanoelektronische Systeme der TU Ilmenau, die bisherigen Herstellungsmethoden für schnelle elektronische Baueinheiten und ermöglichen die Produktion elektronischer Strukturen von unter zwei Nanometern – ein Nanometer entspricht dabei dem Millionsten Teil eines Millimeters.
Die wissenschaftlichen Ergebnisse des Snm-projekts ermöglichen nun nach Angaben der TU Ilmenau die Massenfertigung einer neuen Generation hochleistungsfähiger und extrem energiesparender Elektronik. Ein wesentlicher Fortschritt: Je kleiner die in einem Transistor verarbeiteten Strukturen, desto mehr Transistoren finden auf dem CPU, dem Hauptprozessor, Platz, und umso leistungsfähiger wird der Computer. Die Erhöhung der Rechenkapazität ebenso wie die der Speicherkapazität sind für die längst begonnene Erweiterung des Internets zum Internet der Dinge dringend notwendig.
Um den Energieverbrauch von elektronischen Geräten drastisch zu reduzieren, kombinierten Rangelow und sein Forscherteam bisherige Herstellungsverfahren auf neue Art und Weise oder sie entwickelten gar vollkommen neue, innovative Methoden. Dadurch könnte der Energieverbrauch mobiler Geräte mittelfristig um das 25-fache gesenkt werden.
Rangelow: „Mit unserem neuen Verfahren haben wir den Weg dafür geebnet, dass ein Nutzer sein Handy in Zukunft wesentlich seltener wieder aufladen muss. Ich könnte mir vorstellen: statt heute jeden Tag nur noch etwa alle fünf Tage.“
Die Ergebnisse des Snm-projekts wurden durch die Zusammenarbeit von 16 Universitäten, Forschungseinrichtungen und Industrieunternehmen aus acht europäischen Ländern ermöglicht.