Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
„Der Weg interessiert mich mehr als irgendein Ziel“
Michael Helmrath unterschreibt Fünf-jahres-vertrag als Generalmusikdirektor am Theater Nordhausen
Nordhausen. Zu Beginn der Saison war Michael Helmrath eigentlich nur als Interims-gmd in Nordhausen eingesprungen. Nun hat sich der 63-Jährige überzeugen lassen, doch etwas länger zu bleiben – und einen Fünf-jahresvertrag bis 2021 unterschrieben. Der gelernte Oboist, der bei den Münchner Philharmonikern spielte, kam durch Sergiu Celibidache ans Dirigieren. Unter anderem arbeitete er lange Zeit für die Orchesterakademie des Schleswig-holstein Musikfestivals, gründete das Philharmonische Kammerorchester München und war 15 Jahre lang Chef bei den Brandenburger Symphonikern. Wir sprachen mit ihm.
Glückwunsch, Herr Helmrath! Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen? Es gefällt mir sehr gut in Nordhausen und in Sondershausen. Es gibt hier ein neues und sehr engagiertes Führungsteam, und das Loh-orchester hat mich sehr wohlwollend akzeptiert. Die Musiker besitzen Potenzial, man kann mit ihnen gut arbeiten, und sie gehen auch auf meine mitunter nicht allzu aerodynamischen Vorstellungen ein. Nun, nach einem halben Jahr, lag die Frage nahe – und das Orchester wollte es so.
Wie hat es Sie eigentlich nach Nordhausen verschlagen?
Das war alles ziemlich ungewöhnlich, äußerst kurzfristig und im Grunde nur den Verführungskünsten des Intendanten Daniel Klajner zu verdanken. Ich war, als er mich im Frühling vorigen Jahres anrief, freischaffend und ich dachte: Na gut, das kann man sich ja mal ansehen ... Wie passt die Aufgabe als GMD in Ihre Terminplanung? Sie dirigieren ja noch oft in Wiesbaden?
Meine Prioritäten liegen jetzt ganz klar hier in Nordthüringen. Mit den Wiesbadenern muss man reden, es wird dort auch noch ein bisschen weitergehen. Gewisse Freiheiten braucht schließlich jeder Dirigent, das dient auch der eigenen Entwicklung.
Welche künstlerischen Ziele fassen Sie ins Auge?
Mich interessiert eigentlich immer der Weg mehr als irgendein Ziel. Ich möchte gemeinsam mit den Musikern die Spielfähigkeit und den Klang des Orchesters weiterentwickeln. Das heißt nicht, dass es um Drill oder perfektionistische Hochleistungsartistik ginge, sondern ich möchte, dass jeder Einzelne noch mehr auf den jeweils anderen hört und auf ihn eingeht, dass es am Ende so klingt, als sei es Kammermusik. So ein organisches Gebilde als Orchester: Das entspräche meinem Ideal. Wie denken Sie über das sehr junge Solisten-ensemble? Birgt das Chancen, Risiken, Belastungen?
All das. Ich finde es wunderbar und genieße den Charme, den junge Sänger am Anfang ihrer Laufbahn haben. Sie sind neugierig, wollen sich ausprobieren, wollen auch mal große Partien singen, die sie natürlich noch nicht im Repertoire haben. Und wenn man ein so relativ kleines Theater hat wie in Nordhausen, dann hat man sowieso nur zwei Optionen: Entweder man arbeitet mit jungen Leuten oder mit älteren, die den besseren Teil ihrer Karriere schon hinter sich haben. Da ist doch klar, was mir lieber ist – auch wenn man es akzeptieren muss, dass die Besten von ihnen vielleicht nach zwei, drei Jahren an ein großes Haus wechseln.
Gibt es Stücke, die Sie sich in Nordhausen unbedingt vornehmen wollen?
Den Spielplan für die neue Saison darf ich noch nicht verraten. Im Konzertbereich sind mir die Klassiker wichtig; es gilt sie zu pflegen und zu polieren. Und mit Christoph Ehrenfellner haben wir – auch das ist überhaupt nicht alltäglich! – einen Composer in Residence, der als Mensch sehr umgänglich und kommunikativ ist und als Musiker genau weiß, was er will. Er ist kein Fanatiker, kein Schreibtischtäter. Man hört, dass, was er schreibt, aus dem Klang heraus entwickelt ist. Die zeitgenössische Musik gehört zu einem lebendigen Theaterbetrieb unbedingt dazu. Damit sind wir doch sehr gut aufgestellt, und ich bin dankbar, wenn uns das Publikum Vertrauen schenkt.
www.theater-nordhausen.de