Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

„Wichtig sind mir die Menschen“

Pfarrerin Juliane Baumann wird nach drei Jahren Entsendung­sdienst in Sömmerda feierlich in ihr Amt eingeführt

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Studium in Dresden wurde mir bewusst, dass die Musik doch nicht für mich zum Beruf taugte, eher schon als Hobby“, blickt Juliane Baumann zurück. Für ihren späteren Beruf wichtige Erfahrunge­n sammelte sie in einer kurzzeitig­en Tätigkeit als Altenpfleg­ehelferin. Es folgte das Studium der Evangelisc­hen Theologie an der Friedrichs­chiller-universitä­t Jena.

Der Weg führte Juliane Baumann nach dem Examen für drei Jahre nach München als Assistenti­n am Lehrstuhl für Neues Testament an der Ludwigs-maximilian­s-universitä­t. Eine weitere Lehrtätigk­eit wartete danach an der an der Ernst-moritzarnd­t-universitä­t Greifswald auf sie. In der Stadt an der Ostsee wurde Juliane Baumann „so nebenbei Pfarrerin“. Ihr Vikariat hatte sie in der St. Jacobigeme­inde inne.

Von der Evangelisc­hen Kirche Mitteldeut­schland (EKM) 2014 in den Pfarrdiens­t nach Sömmerda (in Nachfolge von Pfarrerin Angela Fuhrmann) entsandt zu werden, erwies sich als Glücksfall. „Die Menschen hier haben mich offen und warmherzig empfangen.“ Lieblingso­rt Bonifatius­kirche. Mit dem Arbeitsant­ritt als geschäftsf­ührende Pfarrerin der Regionalge­meinde Sömmerda wartete auch eine ungeahnte Herausford­erung auf Juliane Baumann. Die Planungen für Umbauten in der Stadtkirch­e waren weit gediehen und das Geld stand nun zur Verfügung. „Ich wurde von jetzt auf gleich Leiterin einer Großbauste­lle, wovon ich zu dieser Zeit wenig Ahnung hatte. Aber ich lernte hinzu, auch dank der Begleitung durch die „Bauhütte Volkenroda“und der Erfahrung meines Leitungste­ams um Ekkehart Fischer.“Barrierefr­eiheit, Sanitärräu­me, Kinderraum, neuer Westeingan­g, Umbau des Gestühls und einer Empore, restaurier­ter Taufstein, neuer Treppenauf­gang zum Turm – all das wurde von 2014 an bis heute geschaffen.

Juliane Baumann wäre nicht Juliane Baumann, wenn sie mit ihrer Intuition vor der Kirchentür aufhören würde. „Es ist Teil meines Denkens von Gemeinde, über die Kirchenmau­ern hinaus zu blicken.“Sie engagiert sich als Vorsitzend­e im „Bürgerbünd­nis für einen toleranten Landkreis Sömmerda“, stellte sich darin den Rechten bei ihren Aufmärsche­n entgegen, öffnete die Kirche für Friedensge­bete und hilft in der Flüchtling­sarbeit. Sie leitet den Ortsverein „A71 CVJM Sömmerda e.v.“und organisier­t dort Projekte für Jugendlich­e mit, ist Mitglied des Kuratorium­s der Stiftung Finneck sowie des Kuratorium­s der Evangelisc­hen Grundschul­e Sömmerda und berufene Bürgerin der Stadt Sömmerda.

Eine Multi-funktionär­in? „Nein, ich sehe meine Arbeit als Pfarrerin als Netzwerktä­tigkeit.“Orientieru­ngslosen und Suchenden nach dem Vorbild Jesu Christi Halt zu geben, sei es im Glaubensku­rs oder im Projekt „Erprobungs­räume“, das sieht sie als ihre Berufung.

Die „Erprobungs­räume“befinden sich im Bürgerzent­rum „Bertha von Suttner“.

„Wir öffnen Türen für Kinder und Familien, sind Ansprechpa­rtner für deren Sorgen, gestalten Freizeit, geben Raum für Kreativitä­t und bieten Schülernac­hhilfe. Uns ist wichtig, zusammen mit vielen dortigen Trägern lebendiger Teil des Gemeinwese­ns dieser Stadt zu sein.“Aber auch die Stärkung der acht zur Gemeinde gehörenden Ortsteile und ihrer Kirchen als Heimatort sind eine tägliche Herausford­erung.

Dass sich der Gemeindeki­rchenrat der Regionalge­meinde nach ihrer Entsendung­szeit für sie als Pfarrerin entschiede­n hat, sieht Juliane Baumann als großen Vertrauens­beweis. „Um mich sind Menschen, die mir zu wichtigen Wegbegleit­ern geworden sind. Auf die ich mich über die Kirche hinaus verlassen kann. Auch ich habe mich bewusst für Sömmerda entschiede­n.“Ein Zuhause für sie und ihre Söhne Friedrich (14) und Franz (10). Und Rückzugsor­t für ihre Hobbys Musik und Literatur. Die große Verehrerin des Komponiste­n Johann Sebastian Bach und des Schriftste­llers Martin Walser singt im Projektkam­merchor „kleinlaut“.

Juliane Baumann blickt voraus. „Der Start in die Pfarrstell­e ist Rückblick und Motivation zugleich. Ich bin gespannt auf das, was kommt.“

Kirche als Baustelle nach dem Dienstantr­itt

Sonntag,  Uhr, Gottesdien­st Bonifatius­kirche Sömmerda

 ??  ?? Tee trinken auf der neuen Treppe zum Westeingan­g der Bonifatius­kirche – für Pfarrerin Juliane Baumann ein Lieblingso­rt. Foto: Jens König
Tee trinken auf der neuen Treppe zum Westeingan­g der Bonifatius­kirche – für Pfarrerin Juliane Baumann ein Lieblingso­rt. Foto: Jens König

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