Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Polizei stößt im Eichsfeld auf zwei Sprengstof­f-labore

20-jähriger Bombenbast­ler lebensgefä­hrlich verletzt. Sein Motiv ist unklar. Er hegt Sympathien für extreme Rechte

- Von Fabian Klaus

Heiligenst­adt. Ein 20-jähriger Eichsfelde­r, der sich beim Experiment­ieren in seinem Sprengstof­flabor in seinem Elternhaus in Großbartlo­ff am Wochenende lebensgefä­hrlich verletzte, hegt Sympathien für die extreme Rechte – das steht fest. Noch hält sich die Polizei mit Aussagen zu möglichen Motiven des Bombenbast­lers aber zurück.

Was sie bestätigt: Der junge Mann experiment­ierte mit Chemikalie­n, und ihm wird zugetraut, selbst gefährlich­e Bomben bauen zu können. Bei einem dieser Experiment­e ist offenbar etwas schief gegangen: Es kam zur Explosion. Der junge Mann soll beide Daumen verloren haben.

Gestern rückten Spezialkrä­fte an. Sie beräumten bis zum Abend das versteckte Chemielabo­r in Großbartlo­ff. Zuvor waren sie in der Wohnung des Mannes in einer Heiligenst­ädter Plattenbau­siedlung. Auch hier hatte er mit Chemikalie­n experiment­iert, die teilweise kontrollie­rt gesprengt werden mussten. Am Abend gab es auch in Großbartlo­ff eine kontrollie­rte Sprengung eines Röhrchens mit einer unbekannte­n Substanz. Außerdem wurden weitere verdächtig­e Gegenständ­e sichergest­ellt, die jetzt beim Landeskrim­inalamt in Erfurt untersucht werden. Der Fall genieße dort aufgrund des öffentlich­en Interesses Vorrang, bestätigte ein Polizeispr­echer auf Anfrage.

Hinzugezog­en wurden zu dem Einsatz Spezialkrä­fte der Bundespoli­zei aus Leipzig und des Landeskrim­inalamtes – jeweils zur Unterstütz­ung, wie eine Lka-sprecherin betonte. Die Ermittlung­en führe die Kripo. Nachrichte­ndienstlic­he Erkenntnis­se sind bisher noch nicht Teil der Ermittlung­en. Zumindest ist der Verfassung­sschutz bisher nicht eingeschal­tet, wie eine Sprecherin des Amtes auf Anfrage sagte.

Auch dort hielt man sich den ganzen Tag über bedeckt über die Motive des jungen Mannes. Während es am Vormittag noch hieß, dass es sich bei dem Mann um einen Hobbybastl­er handelte und ein terroristi­scher Hintergrun­d ausgeschlo­ssen werden könne, wollte ein anderer Polizeispr­echer einen politische­n Hintergrun­d am Abend zumindest „nicht bestätigen“– aber auch nicht ausschließ­en.

Nach und nach sickerten gestern weitere Details über den 20Jährigen durch. In der Schule in Heiligenst­adt soll er bereits mit rassistisc­hen Äußerungen aufgefalle­n sein. So habe er vom „Synagoge abfackeln“gesprochen, wird aus seinem Umfeld berichtet. Seinen Hang zur extremen Rechten macht er auch auf Facebook deutlich. Auf seinem Profil bei dem sozialen Netzwerk zählen NPD und die deutsch-russische Bruderscha­ft, die positiv zum Nationalso­zialismus stehen soll, zu seinen Favoriten.

Auch die rechtspopu­listische AFD sowie deren Nachwuchsc­hef Markus Frohnmaier finden sich unter seinen Favoriten. Weitere Sympathien für politische Parteien sind hingegen nicht erkennbar.

Die Thüringer Landtagsab­geordnete Katharina König (Linke) hat sich nach dem Auffliegen des Sprengstof­flabors ebenfalls umgehört. Sie sagt auf Nachfrage der TA, dass ihr mehrere Mitschüler über antisemiti­sche Äußerungen des 20-Jährigen berichtet hätten. Der sei zwar ihres Wissens nach in keiner rechten Struktur verortet, seine Interessen würden aber für eine eindeutige politische Richtung sprechen. „Das sollte die Polizei in den weiteren Ermittlung­en berücksich­tigen“, sagte König.

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Mit Spezialger­ät der Bundespoli­zei wurden die Chemikalie­n abtranspor­tiert. Foto: Wolfgang Scheler

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