Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Polizei stößt im Eichsfeld auf zwei Sprengstoff-labore
20-jähriger Bombenbastler lebensgefährlich verletzt. Sein Motiv ist unklar. Er hegt Sympathien für extreme Rechte
Heiligenstadt. Ein 20-jähriger Eichsfelder, der sich beim Experimentieren in seinem Sprengstofflabor in seinem Elternhaus in Großbartloff am Wochenende lebensgefährlich verletzte, hegt Sympathien für die extreme Rechte – das steht fest. Noch hält sich die Polizei mit Aussagen zu möglichen Motiven des Bombenbastlers aber zurück.
Was sie bestätigt: Der junge Mann experimentierte mit Chemikalien, und ihm wird zugetraut, selbst gefährliche Bomben bauen zu können. Bei einem dieser Experimente ist offenbar etwas schief gegangen: Es kam zur Explosion. Der junge Mann soll beide Daumen verloren haben.
Gestern rückten Spezialkräfte an. Sie beräumten bis zum Abend das versteckte Chemielabor in Großbartloff. Zuvor waren sie in der Wohnung des Mannes in einer Heiligenstädter Plattenbausiedlung. Auch hier hatte er mit Chemikalien experimentiert, die teilweise kontrolliert gesprengt werden mussten. Am Abend gab es auch in Großbartloff eine kontrollierte Sprengung eines Röhrchens mit einer unbekannten Substanz. Außerdem wurden weitere verdächtige Gegenstände sichergestellt, die jetzt beim Landeskriminalamt in Erfurt untersucht werden. Der Fall genieße dort aufgrund des öffentlichen Interesses Vorrang, bestätigte ein Polizeisprecher auf Anfrage.
Hinzugezogen wurden zu dem Einsatz Spezialkräfte der Bundespolizei aus Leipzig und des Landeskriminalamtes – jeweils zur Unterstützung, wie eine Lka-sprecherin betonte. Die Ermittlungen führe die Kripo. Nachrichtendienstliche Erkenntnisse sind bisher noch nicht Teil der Ermittlungen. Zumindest ist der Verfassungsschutz bisher nicht eingeschaltet, wie eine Sprecherin des Amtes auf Anfrage sagte.
Auch dort hielt man sich den ganzen Tag über bedeckt über die Motive des jungen Mannes. Während es am Vormittag noch hieß, dass es sich bei dem Mann um einen Hobbybastler handelte und ein terroristischer Hintergrund ausgeschlossen werden könne, wollte ein anderer Polizeisprecher einen politischen Hintergrund am Abend zumindest „nicht bestätigen“– aber auch nicht ausschließen.
Nach und nach sickerten gestern weitere Details über den 20Jährigen durch. In der Schule in Heiligenstadt soll er bereits mit rassistischen Äußerungen aufgefallen sein. So habe er vom „Synagoge abfackeln“gesprochen, wird aus seinem Umfeld berichtet. Seinen Hang zur extremen Rechten macht er auch auf Facebook deutlich. Auf seinem Profil bei dem sozialen Netzwerk zählen NPD und die deutsch-russische Bruderschaft, die positiv zum Nationalsozialismus stehen soll, zu seinen Favoriten.
Auch die rechtspopulistische AFD sowie deren Nachwuchschef Markus Frohnmaier finden sich unter seinen Favoriten. Weitere Sympathien für politische Parteien sind hingegen nicht erkennbar.
Die Thüringer Landtagsabgeordnete Katharina König (Linke) hat sich nach dem Auffliegen des Sprengstofflabors ebenfalls umgehört. Sie sagt auf Nachfrage der TA, dass ihr mehrere Mitschüler über antisemitische Äußerungen des 20-Jährigen berichtet hätten. Der sei zwar ihres Wissens nach in keiner rechten Struktur verortet, seine Interessen würden aber für eine eindeutige politische Richtung sprechen. „Das sollte die Polizei in den weiteren Ermittlungen berücksichtigen“, sagte König.
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