Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Arbeit muss attraktiv sein
Thomas Bärsch über den Mangel an Fachkräften in Thüringen
Vor fast genau zwei Jahren, im Mai 2015, sorgte die Studie einer der weltweit größten Unternehmensberatungen für Aufsehen. Unter dem Titel „Die halbierte Generation“sagten die Forscher der Boston Consulting Group der Thüringer Wirtschaft ein massives Defizit an Fach- und an Arbeitskräften voraus. Schlimmer noch: In keinem anderen Bundesland falle im Jahr 2030 die Differenz zwischen der Zahl der benötigten Mitarbeiter und jener der erwerbsfähigen Personen so gravierend aus wie in Thüringen. Jede vierte freie Stelle in den Unternehmen könne dann nicht besetzt werden.
Mancher mag das damals für Schwarzmalerei gehalten haben. Doch die gestrige Pressekonferenz der Allianz für Berufsbildung und Fachkräftesicherung bestätigte die Prognose: Bis 2020 müssen 210 000 Stellen neu besetzt werden. Weitere 70 000 Stellen werden neu entstehen. Dagegen wird die Zahl der Thüringer im erwerbsfähigen Alter in den nächsten beiden Jahrzehnten um 29 Prozent sinken.
Dass hier Handlungsbedarf besteht, liegt auf der Hand. Aufbauend auf dieser Erkenntnis wurde vor einem Jahr die erwähnte Allianz aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Sozialverbänden und Politik gegründet. Und man kann ihr nicht vorwerfen, tatenlos geblieben zu sein.
Doch bei allen noch so lobenswerten Projekten darf nicht aus dem Blick geraten, dass es attraktiver Arbeitsplätze bedarf, um Fachkräfte nach Thüringen zu lenken oder vom Wegzug abzuhalten. Attraktiv heißt in erster Linie, dass man sich hierzulande mit gleicher Qualifikation und Arbeit den gleichen Lebensstandard leisten können muss wie anderswo.