Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Vier Jahre Haft für Übergriff auf Flüchtling
Zwei junge Männer haben aus ihrem „tschetschenischen Werteverständnis“heraus den Freund ihrer Schwester verletzt
Erfurt. Zwei Brüder sind für einen gewalttätigen Übergriff auf einen Freund ihrer Schwester zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Landgericht Erfurt sah es als erwiesen an, dass sie den Mann aus Afghanistan im Dezember 2015 auf einem Feld in Erfurt geschlagen, getreten, geknebelt und gefesselt hatten.
Die Männer sind nach eigenen Angaben deutsche Staatsbürger, stammen aber aus einer tschetschenischen Familie. Die Anklage war davon ausgegangen, dass die Brüder die Kontakte der Schwester zu dem 30 Jahre alten Afghanen aus einem „tschetschenischem Wertverständnis“heraus missbilligt haben.
Das Landgericht sprach die beiden Männer am Montag wegen gefährlicher Körperverletzung und Nötigung schuldig. Das Gericht blieb unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die Haftstrafen von jeweils sechseinhalb Jahren gefordert hatte.
In seiner Urteilsbegründung sagte der Vorsitzende Richter, die Brüder hätten den Plan gefasst, den Afghanen zu misshandeln. „Sie wollten ihn durch eine List in ihre Gewalt bringen.“Entsprechende Schilderungen des Opfers seien glaubwürdig. Die Darstellung der Brüder, die Tat habe sich spontan ereignet, dagegen nicht.
Die Verteidigung verlangte neun Monate auf Bewährung beziehungsweise maximal zwei Jahre auf Bewährung. Sie wies die Aussage des Opfers in Teilen als unglaubwürdig zurück, räumte aber Schläge und Tritte der Brüder ein. Die Brüder hätten aufgrund der besonderen Stresssituation überreagiert, weil der Afghane ihrer Schwester nachgestellt habe.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (dpa)