Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Die Macht der Fledermaus
Flughäfen, Brücken, die Abholzung des Hambacher Forsts – viele Großprojekte werden gestoppt, weil die Tiere bedroht sind. Für das Ökosystem sind sie so wichtig, dass eine Staatengemeinschaft sie schützt
Jetzt scheint die Bechsteinfledermaus vorerst die Rettung großer Teile des Hambacher Forsts zu sein, die nach Willen des Energiekonzerns RWE dem Braunkohleabbau weichen sollten. Umweltschützer des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hatten Klage gegen die Rodung eingereicht. Ihr Hauptargument: Durch das Vorkommen der Bechsteinfledermaus käme die Region als europäisches Schutzgebiet infrage. Qualifiziert sich ein Gebiet für diesen Status, darf es nicht zerstört werden. „Es ist ein Problem, dass Bauherren oft nicht von Fledermauspopulationen wissen, wenn sie Vorhaben planen. Sie werden aber auch gerne übersehen“, meint Kolberg.
Damit so etwas seltener passiert, tagt Andreas Streit alle vier Jahre gemeinsam mit Vertretern 37 anderer Länder und legt verbindliche Schutzmaßnahmen für die 51 europäischen Fledermausarten fest. Streit leitet das Sekretariat von Eurobats, einem eigens der Fledermaus gewidmeten Abkommen der Vereinten Nationen mit Sitz in Bonn. „Artenschutz hört nicht an der Grenze auf“, erklärt der studierte Völkerrechtler den Sinn der 1991 geschlossenen Vertrags. Denn unter den Säugetieren ist die Fledermaus einzigartig, kein anderes kann aktiv fliegen. Wie auch viele Vögel wandert sie, manche Arten innerhalb Europas, andere sogar bis Vorderasien und Nordafrika.
Im Oktober traf sich das internationale Gremium in Monaco. „Eines der heißesten Themen sind derzeit Windkrafträder. Bis zu 250.000 Fledermäuse verenden in Deutschland jährlich an den Anlagen“, sagt Streit. Schon bei der Planung, aber auch beim Betrieb müsse Rücksicht genommen werden. „Windkrafträder sollten zum Beispiel erst ab Windgeschwindigkeiten in Betrieb genommen werden, bei denen Fledermäuse ohnehin nicht fliegen“, so Streit. Die Vertragspartner versuchten derzeit einen Kompromiss mit Betreibern zu erreichen. Mit Städten und Kommunen verhandeln sie über die Reduzierung der sogenannten Lichtverschmutzung. „Große Leuchtreklamen oder angestrahlte Gebäude verwirren nachtaktive Insekten und damit die Nahrungsgrundlage der Fledermäuse“, erklärt Streit. Auch die energetische Sanierung von Häusern werde für Fledermäuse zunehmend ein Problem. Alte Fassaden mit Ritzen und Löchern, in denen die Tiere bevorzugt Quartier beziehen, würden zugemauert oder abgerissen – oft, ohne auf die fliegenden Bewohner Rücksicht zu nehmen. „Wir haben Leitlinien dazu verabschiedet,