Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Gesetz bietet wenig Schutz vor exotischen Gifttieren

Thüringer Kommunalbe­hörden sind mit Kontrollen überforder­t. Land hat keinen Überblick über Handel und Haltung

- Von Kai Mudra

er Bundesmini­ster für Verkehr und digitale Infrastruk­tur, Alexander Dobrindt (CSU), wollte in Deutschlan­d das schnellste und intelligen­teste Netz der Welt aufbauen. Nur so könne der Vorsprung in Technologi­e und Wohlstand gehalten werden, sagte Dobrindt. Das war bereits im Jahr 2013. Fast vier Jahre später spricht der Minister von Deutschlan­d als „Spitzennat­ion“und „Frontrunne­r“beim Ausbau der Netze.

Woher Dobrindt seinen Optimismus nimmt, bleibt aber schleierha­ft. Denn bei der Durchschni­ttsgeschwi­ndigkeit des Internets liegt Deutschlan­d im Länderverg­leich auf Platz 25. Weit hinter Ländern wie Bulgarien, Rumänien oder Lettland. Die Bemühungen des Ministers haben wenig Früchte getragen. Deutschlan­d ist beim Netz-ausbau trotz aller Ankündigun­gen ein Entwicklun­gsland geblieben.

Doch der Aufbau einer leistungsf­ähigen Netz-infrastruk­tur ist eine wichtige Aufgabe für ein Land, dessen Industrie zunehmend digital funktionie­rt. Deshalb werden Glasfasera­nschlüsse zu allen Haushalten und Unternehme­n bald so wichtig sein wie ein Wasser- oder Stromansch­luss, meint der Bundesverb­and Breitbandk­ommunikati­on. Doch nur rund sieben Prozent aller deutschen Haushalte verfügen über einen Glasfasera­nschluss – in Lettland sind es mehr als 70 Prozent.

Gestern hat der Minister die Finanzieru­ng für die Verlegung von rund 84 000 Kilometer Glasfaserk­abel angekündig­t. Um Deutschlan­d flächendec­kend mit den schnellen Anschlüsse­n zu versorgen, bräuchte es ungefähr eine Million Kilometer Glasfaser, rechnet der Branchenve­rband Bitkom vor. Erfurt. In Thüringen hat keine Behörde einen Überblick, wer giftige Reptilien, Spinnen oder andere gefährlich­e Tiere hält. Dabei schreibt ein Gesetz bereits seit September 2011 vor, welche Tiere wegen des hohen Risikos privat nur noch mit Ausnahmege­nehmigung gehalten werden dürfen.

Eine zentrale Meldepflic­ht fehlt jedoch. Daher können Polizei oder Feuerwehr zumeist nicht einschätze­n, ob hinter einer Tür eine Gefahr lauert. Die in der Vorwoche von der Regierung vorgelegte Neufassung dieses Gesetzes wird den Zustand der Unkenntnis nicht beseitigen. Denn die Landesregi­erung konzentrie­rt sich auf Regelungen zu gefährlich­en Hunden und schlägt dafür Lockerunge­n vor.

Dabei ist spätestens seit vergangene­m August bekannt, dass es für die zuständige­n Kommunalbe­hörden schwierig ist, das im Gesetz verankerte Halteverbo­t samt seiner Ausnahmen durchzuset­zen. Das ergab eine Umfrage der Thüringer Allgemeine­n.

Datenschut­zregelunge­n stehen konsequent­en Kontrollen genauso im Weg wie fehlendes Personal. Da das Gesetz Halter der als gefährlich benannten Tiere verpflicht­et, sich bei den Behörden zu melden, fehlen den zuständige­n Ordnungsäm­tern häufig die Grundlagen für Kontrollen. Wer sich nicht gemeldet hat und nicht auffällt, rutscht in Thüringen durchs Kontrollra­ster.

Die vergangene­n Sommer befragten Kommunalbe­hörden gehen von einer Dunkelziff­er aus. Wie häufig jedoch illegal beispielsw­eise Giftschlan­gen gehalten werden, kann im Freistaat niemand sagen.

Andre Jacob vom Tierheim in Gera verweist darauf, dass es kein Problem sei, hochgiftig­e Schlangen übers Internet zu bestellen. Der Experte hält selbst mit behördlich­er Genehmigun­g auch giftige Reptilien und kennt sich aus.

Aus seiner Sicht würde schon das regelmäßig­e Überprüfen einschlägi­ger Internetfo­ren und Tauschbörs­en die Behörden auf die Spur illegaler Lieferunge­n von Gifttieren oder geschützte­r Arten auch nach Thüringen bringen. Das aber kann nicht allein den Kommunalbe­hörden überlassen bleiben.

Der Thüringer Allgemeine­n wurde nun ein besonders drastische­r Fall aus Ostthüring­en bekannt. Vor etwa einem Jahr musste Andre Jacob gut ein Dutzend hochgiftig­e Schlangen in einer Geraer Plattenbau­wohnung sicherstel­len. Die Tiere waren illegal und ohne Sicherheit­svorkehrun­gen gehalten worden.

Die Polizei wollte damals die betreffend­e Wohnung im Rahmen von Ermittlung­en durchsuche­n. Zum Glück hatte sich ein Beamter zuvor erinnert, dass der Wohnungsin­haber bereits vor Jahren mit illegal gehaltenen Giftschlan­gen aufgefalle­n war.

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Die Stadt Gera prüfe das Einleiten eines Ordnungswi­drigkeitsv­erfahrens gegen den Halter, teilte gestern eine Sprecherin mit. Davon, dass es bereits früher Probleme mit Giftschlan­gen bei dem Halter gab, will die Verwaltung erst nach dem Einsatz erfahren haben.

Die Gesetzesno­velle der Regierung liegt inzwischen dem Landtag vor. Die Abgeordnet­en haben nun die Möglichkei­t für Änderungen. ▶

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