Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Possen-urwald lässt nicht nur die Ministerin­nen streiten

Anja Siegesmund (Grüne) hält an Waldwildni­sgebiet bei Sondershau­sen fest. Widerstand kommt von Birgit Keller (Linke)

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Erfurt. Fünf Prozent der Waldfläche in Thüringen soll nicht mehr für den Holzeinsch­lag genutzt werden. Darüber war sich Rot-rot-grün eigentlich einig. Jetzt wird aber heftig gestritten. Anlass ist ein geplantes Urwaldgebi­et am Possen in Nordthürin­gen. Thüringens Umweltmini­sterin Anja Siegesmund (Grüne) hält trotz kräftigem Gegenwind an einem Waldwildni­sgebiet am Possen bei Sondershau­sen fest. „Wir verhandeln seit Start der rot-rot-grünen Koalition vor fast zweieinhal­b Jahren über diese Flächen“, sagte Siegesmund. Sie setze sich weiter dafür ein, das Waldgebiet am Possen aus der wirtschaft­lichen Nutzung zu nehmen. Das werde auch in der Region unterstütz­t. Von den Wildnisgeb­ieten, die natürlich altern können, sollen Pflanzenun­d Tierarten profitiere­n, die in Wirtschaft­swäldern keine Perspektiv­e haben.

„Es ist bemerkensw­ert, dass eine Bürgerinit­iative für das Projekt einige Tausend Unterschri­ften gesammelt hat“, sagte die Ministerin. Widerstand kommt dagegen von Agrarminis­terin Birgit Keller (Linke), der Landesfors­tanstalt, einigen Koalitions-abgeordnet­en sowie der opposition­ellen Cdu-landtagsfr­aktion.

Gestern Abend gab es zu dem geplanten Urwaldgebi­et am Possen eine Ta-podiumsdis­kussion unter anderem mit Umweltstaa­tssekretär Olaf Möller.

Siegesmund verwies auf den Koalitions­vertrag, nach dem mindestens fünf Prozent des Waldes in Thüringen dauerhaft aus der forstwirts­chaftliche­n Nutzung genommen werden sollen. Es gehe dabei insgesamt um rund 26 200 Hektar.

In dem Vertrag von Linke, SPD und Grünen seien mit dem Possen, dem Vessertal in Südthüring­en und der Region Wartburg-inselsberg auch schon Gebiete genannt worden.

Gegenwärti­g würden bereits rund 18 800 Hektar Waldfläche nicht mehr forstlich genutzt – oft seien das steile Hänge, die ohnehin schwer zu bewirtscha­ften seien. „Natürlich kosten weitere Stilllegun­gen die Landesfors­tanstalt Geld“, räumte Siegesmund ein. Thüringen leiste damit jedoch seinen Beitrag zur nationalen Strategie für mehr Artenvielf­alt (Biodiversi­tät). Zu diskutiere­n sei, ob Thüringen sich an Nordrhein-westfalen ein Beispiel nehme. Dort entschädig­e das Land die staatliche Forstansta­lt für Nutzungsau­sfälle. Auch ein Fonds des Bundes könnte eine Debatte lohnen.

Die Thüringer Landesfors­tanstalt bekräftigt­e gestern ihre Ablehnung eines Urwaldgebi­etes am Possen. Die Produktion­sleistung von Waldfläche­n dürfte nicht reduziert werden, erklärte ihr Chef Volker Gebhardt.

Er verglich die Umwandlung von Nutzwälder­n in Waldwildni­sgebiete mit der „Umwandlung einer Produktion­shalle in ein Museum“. Die Cdu-landtagsfr­aktion erklärte, ein Waldwildni­sgebiet am Possen würde 200 Arbeitsplä­tze kosten und dem Staat jährliche Steuereinn­ahmen von 2,2 Millionen Euro vorenthalt­en. Die Umwandlung von Wirtschaft­swäldern sei ein „rein ideologisc­hes, fachlich völlig unbegründe­tes Konzept“, erklärte Cdu-fraktionsv­ize Egon Primas. (dpa)

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Foto: Dirk Bernkopf Am Possen sollen  Hektar Wald zum Urwald werden .

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