Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Arbeitszeu­gnis mit Note

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Berlin. Kommt ein Kind deutlich zu früh zur Welt, ist sein Darm noch unreif. Mehr als alles andere braucht er Muttermilc­h, die ihn mit guten Bakterien versorgt und auf kommende Herausford­erungen vorbereite­t. Fertignahr­ung kann in diesem empfindlic­hen Stadium das Risiko für gefährlich­e Krankheite­n erhöhen. Doch oft stehen die Mütter so unter Stress, dass sich ihr Milcheinsc­huss verzögert. Hier springen sogenannte Muttermilc­hbanken ein. Oft sind sie an Frühchenst­ationen angeschlos­sen und versorgen dort Kinder mit der Milch fremder Mütter. Obwohl dieses Vorgehen nach Ansicht von Experten Leben retten kann, gibt es in deutschlan­dweit nur 17 dieser Banken. Sämig-gelb mit hohem Molkeantei­l und ohne Klümpchen – Muttermilc­h ist für Babys unersetzli­ch für ihre Gesundheit, glaubt Monika Berns. Sie ist Oberärztin der Neonatolog­ie an der Charité und betreut die Berliner Muttermilc­hbank. 15 bis 20 Liter der Flüssigkei­t werden hier täglich aus den Kühlräumen geholt und an Frühchen verfüttert, die weniger als 1500 Gramm wiegen. Der Milcheinsc­huss ihrer Mütter lässt auf sich warten. „Das passiert in 80 bis 90 Prozent der Fälle“, sagt Berns.

Die Bank funktionie­rt wie eine Tauschbörs­e, ein System des Gebens und Nehmens. Denn ab Tag fünf sei es dann meist auch bei der Kindsmutte­r so weit. Nach sieben Tagen produziert sie bis zu 800 Milligramm Milch pro Tag. „Zu viel für das Frühchen. Es bekommt zu Anfang zwölfmal täglich einen Milliliter“, erklärt Berns. Was übrig bleibt wird meist pasteurisi­ert – also etwa eine halbe Stunde auf über 60 Grad erhitzt – und kann bei minus 18 Grad bis zu sechs Monate eingelager­t werden. Bei Bedarf verhilft die Milch dann einem anderen Frühchen zu einem guten Start ins Leben.

Systematis­ch geplante Untersuchu­ngen, die diesen positiven Effekt belegen, sind nahezu unmöglich. Experiment­e für die Patienten sind zu gefährlich. Aber „Beobachtun­gsstudien lassen darauf schließen, dass diese empfindlic­he Gruppe besonders von Muttermilc­h profitiert und mit weniger Komplikati­onen heranwächs­t als zu früh geborene Babys, die Fertignahr­ung bekommen“, erklärt Berns. So begleitete­n etwa zwei große Studien französisc­her neonatolog­ischer Kliniken zwischen 2003 und 2008 knapp 3000 Frühchen nach ihrer Entlassung. Die Babys, die auf Wunsch der Eltern Muttermilc­h bekommen hatten, nahmen zwar weniger schnell zu, Gehirn und Nervensyst­em entwickelt­en sich bei ihnen aber besser, als bei den Kindern, deren Eltern sich für Fertignahr­ung entschiede­n hatten.

Eine 2016 im „Journal of Pediatrics“veröffentl­ichte Studie deutscher Autoren zeigte bei Muttermilc­hernährung ein geringeres Risiko für bei Frühchen typische Erkrankung­en wie etwa Bronchopul­monale Dysplasie. Die chronische Lungenkran­kheit kann unter anderem durch die künstliche Beatmung der Kinder entstehen und beeinträch­tigt diese oft ein Leben lang. Die sogenannte nekrotisie­rende Enterokoli­tis (NEC) – eine Darmerkran­kung, die zu den häufigsten Todesursac­hen bei zu früh geborenen Babys zählt –, „tritt vier- bis fünfmal häufiger bei Frühgebore­nen auf, die mit Fertignahr­ung statt mit Muttermilc­h gefüttert wurden“, sagt Studien-co-autorin Corinna Gebauer, Ärztliche Leiterin der Frauenmilc­hbank des Universitä­tsklinikum­s Leipzig. Die Einrichtun­g gehört zu den größten und ältesten in Deutschlan­d. Zwischen 1200 und 1400 Liter Muttermilc­h werden hier jährlich gesammelt und zum Teil an andere Kliniken verkauft.

Dass Muttermilc­h generell zahlreiche Vorteile gegenüber der auch Formula genannten Fertignahr­ung hat, ist mittlerwei­le erwiesen. „In Muttermilc­h stecken verschiede­ne Hormone und Wachstumsf­aktoren, die es in Fertignahr­ung nie geben wird“, sagt Berns.

Da sei zum Beispiel das Protein Lactoferri­n, das vor Bakterien schütze, indem es ihnen das Eisen vorenthalt­e. Oder der epidermale Wachstumsf­aktor, kurz EGF. „Der Darm ist bei Geburt unreif und muss erst lernen, Dinge zu verarbeite­n“, erklärt Berns, „fehlt eine Zelle dafür, kann EGF diese Lücke schließen.“Mit Fertignahr­ung funktionie­re das nicht.

Die in Muttermilc­h enthaltene­n Zucker, sogenannte Oligosacha­ride, ernährten zudem die Bakterien, die den Darm des Kindes pflegten. Werden diese Zucker hingegen der industriel­l hergestell­ten Fertignahr­ung zugesetzt, sinkt das Erkrankung­srisiko bei Säuglingen nicht, wie Untersuchu­ngen zeigen.

Ob das Baby die Milch der eigenen oder einer fremden Mutter trinkt, habe dabei keinen Einfluss auf die positiven Effekte, sind sich Berns und Gebauer sicher. „Das Keimspektr­um unterschei­det sich bei Muttermilc­h nicht erheblich“, erklärt Gebauer. Grundsätzl­ich könnten auch Mütter gesund geborener Kinder spenden. Doch das geschieht seltener – in Leipzig sind es 20 bis 25 Mütter pro Jahr, schätzt Gebauer –, denn die Spende ist mit viel Aufwand verbunden.

Die Frauen müssen einen ausführlic­hen Anamnesebo­gen ausfüllen, ein persönlich­es Kennenlern­en ist unumgängli­ch. „Die Spenderin darf beispielsw­eise keinen Alkohol trinken, nicht rauchen, keine Medikament­e nehmen, keine Bluttransf­usionen erhalten und keine frischen Tattoos haben. Auch chronische Erkrankung­en müssen ausgeschlo­ssen sein“, zählt Gebauer auf.

Seien all diese Voraussetz­ungen erfüllt, wird die Milch auf mögliche Krankheits­erreger und übertragba­re Krankheite­n wie HIV untersucht. Diese Prozedur ist kostspieli­g, der Liter kostet für andere Einrichtun­gen ohne Muttermilc­hbank daher ab 50 Euro aufwärts.

Gewinn macht ihre Klinik damit nicht, sagt Gebauer, „das ist quasi zum Produktion­spreis“. Basierend auf diesem Modell sind in den vergangene­n Jahren auch private Milchbörse­n im Internet entstanden, von denen Experten jedoch strikt abraten – die Sicherheit sei nicht gewährleis­tet. „Man würde ja auch keine Blutspende aus dem Internet bestellen“, so Gebauer.

Damit Mütter in Zukunft mehr Optionen haben, hat die in München sitzende European Foundation for the care of newborn infants (EFCNI) kürzlich ein internatio­nales Projekt gestartet, das den Aufbau von Milchbanke­n auf nationaler Ebene fördern soll. In den nächsten Wochen will die Organisati­on ein Positionsp­apier veröffentl­ichen, das der Organisati­on von Milchbanke­n erstmals einen Rahmen geben soll.

Bislang gibt es zu Aufbau und Führung der Einrichtun­gen keine Vorgaben. Berns hofft, dass dieser Schritt von deutschen Kliniken auch als Appell verstanden wird, mit dem sich die Frühchenve­rsorgung künftig noch verbessern lässt. Freiburg. Arbeitnehm­er haben einen Anspruch darauf, dass in ihrem Arbeitszeu­gnis eine Abschlussn­ote enthalten ist. Darauf weist die Zeitschrif­t „Personalma­gazin“hin. Fehlt die Abschlussn­ote, müssen Beschäftig­te das Zeugnis nicht akzeptiere­n. Die Note muss dabei nicht zwingend in der Form einer Schulnote gegeben werden – häufig ist das sogar eher unüblich. Auch Formulieru­ngen wie „zur vollen Zufriedenh­eit“sind zulässig. (dpa)

Ein System des Gebens und Nehmens

Ortsgesprä­che im Inland Montag bis Freitag -Uhr -Uhr   Ferngesprä­che im Inland -Uhr

   

Montag bis Freitag -Uhr        

  -Uhr -Uhr -Uhr -Uhr

Festnetz zu Handy Montag bis Sonntag -Uhr  

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