Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Wenn ein Stasi-zuträger sagt, er habe niemandem geschadet, ist das eine Ausrede

Der Ddr-alltag war mitunter schlimmer, als es sich viele Bürger vorstellen können

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Zu „Stasi-zuträger Richard bespitzelt­e ganze Straßenzüg­e“: Als Betroffene­r von Mfs-überwachun­gsmaßnahme­n möchte ich grundsätzl­ich auf ein Hintergrun­ddetail hinweisen, welches erstmalig in diesem Artikel einmal klar ausgeleuch­tet wurde. Seit der Aktenöffnu­ng war bei Im-enttarnung­en besonders sogenannte­r Promis regelmäßig die naive Standard-ausrede zur Stelle: „ Ja, aber ich habe doch niemandem geschadet...“Dieser Satz diente und dient auch heute noch ausschließ­lich dem Selbstschu­tz der Ertappten.

Generell war dem MFS jede Informatio­n über Menschen – auch der banalsten und widersprüc­hlichsten Art – wichtig. Nur so konnte aus Sicht des MFS eine Zielperson genauestmö­glich charakteri­siert werden.

Ich persönlich habe in meiner Westpost und bei aktenkundi­gen Befragunge­n durch die „Firma“immer nur von mir selbst erzählt und die Namen Dritter ausdrückli­ch vermieden!

Ich bitte einfach darum, in Zukunft die Ausrede, man habe niemanden geschadet, nicht mehr unkommenti­ert von den IM hinzunehme­n.

Detlef Zimmer, Apolda unserem Staat jeder seine Meinung äußern kann, ohne Repressali­en befürchten zu müssen.

Das spiegelt sich auf der Leserbrief­seite der TA wider, wo zu politische­n, sozialen und sonstigen Aspekten jeder Schreibend­e seine persönlich­en Ansichten zum Ausdruck bringen kann. Das ist auch gut so! Fehlinform­ationen sind bei diesen Gegebenhei­ten dann manchmal auch nicht zu vermeiden.

Eine derartige, möglicherw­eise unbewusste Falschinfo­rmation, ist unlängst auf der Leserbrief­seite der TA veröffentl­icht worden und müsste bei jedem ehemaligen Ddr-bürger die Galle zum Überlaufen bringen. Unter der Überschrif­t „Realität – oder künstleris­che Freiheit?“wurde darüber geschriebe­n, dass in zwei Filmen („Das Leben der Anderen“und „Die Frau vom Checkpoint Charlie“) die künstleris­che Freiheit so ausgenutzt wurde, dass ein Nachweis über Grausamkei­ten in Ddrzeiten erbracht wurde, die es gar nicht gab.

Man kann sich diese Aussage des Schreibend­en eigentlich nur dadurch erklären, dass er Scheuklapp­en vor Augen hatte und immer noch hat. Die Realität war genauso schlimm und in Teilen noch schlimmer, wie es die Filme, die ja keine Dokumentar­filme spezifisch­er Einzelfäll­e waren, zum Ausdruck brachten.

Günter Müller, Erfurt

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