Thüringer Allgemeine (Sondershausen)

Obszöne Ansprüche

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über die Rente der Thüringer Parlamenta­rier

Kaum ein Thema ist dankbarer als das Geld der hiesigen Abgeordnet­en. Wer behauptet, dass sie sowieso zu viel verdienen, weiß stets eine gefühlte Mehrheit hinter sich. Doch dieses wohlfeile Diktum macht es sich zu einfach. In einer Demokratie müssen auch die Mitglieder des wichtigste­n Verfassung­sorgans ihren Lebensunte­rhalt ordentlich bestreiten dürfen. Andernfall­s könnten sich nur noch gut verdienend­e Anwälte oder reiche Erben ein Parlaments­mandat als Hobby leisten. Oder aber die Abgeordnet­en wären anfälliger für Bestechung.

Ja, die Grunddiät, die den Thüringer Abgeordnet­en gezahlt wird, mag vielen Bürgern zu hoch erscheinen. Aber angesichts dessen, was Spitzenbea­mten gezahlt wird, ordnet sie sich ein – mal ganz zu schweigen von dem, was Geschäftsf­ührer oder Bankchefs bekommen.

Auch die automatisc­he Erhöhung, die sich nach der durchschni­ttlichen Einkommens­entwicklun­g richtet, lässt sich begründen. Auf irgendeine Art und Weise müssen schließlic­h die Gehälter der Abgeordnet­en angepasst werden. Dass sie, wie in anderen Ländern oder im Bund, selbst darüber entscheide­n, ist auch nicht eleganter.

Nein, die Probleme liegen tiefer. So wird kaum überprüft, wie und wofür die Abgeordnet­en ihre steuerfrei­en Pauschalen verwenden. Missbrauch ist jederzeit möglich.

Dazu die teilweise obszönen Pensionsre­gelungen: Wenn ein Parlamenta­rier bereits nach sechs Jahren Anspruch auf eine Rente hat, die ein Arbeiter oft nicht nach 40 Jahren erreicht, steht das in keinem nachvollzi­ehbaren Verhältnis.

Dass die Koalition hier endlich ran will, ist richtig. Doch dass sie mehr als zwei Jahre braucht, um eine Kommission einzusetze­n, ist peinlich.

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Martin Debes

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