Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Was sind unsere Werte wert?
Viele feste Weltbilder sind eingestürzt. Statt einem halbwegs gut zu überblickenden Wertekanon existieren viele verschiedene nebeneinander. Durch die Globalisierung erkennen die Menschen, dass sie nicht alleine auf der Welt sind und das andere Kulturen andere Verhaltensweisen entwickelt haben. Was die einen wohltuend als Vielfalt empfinden, ist den anderen nicht geheuer.
Beispiel Familie: Der Klassiker – Mann, Frau, Kinder – herrscht zwar immer noch vor, aber längst haben sich auch andere Formen durchgesetzt und sind – zumindest offiziell – akzeptiert.
Beispiel Drogen: Was früher große Ängste, aber auf junge Menschen eine ebenso große Faszination ausübte, ist heute quer durch die Gesellschaft – inoffiziell – akzeptiert. Die ganz „normale“Bankangestellte geht in der Mittagspause um die Ecke, um sich ihre Dosis zu holen, und der ganz „normale“Schüler dreht ohne Furcht vor Konsequenzen in aller Öffentlichkeit einen Joint. Aufputschund Beruhigungsmittel sind auch in höheren Schichten gang und gäbe. Viele Menschen glauben, dass es ohne nicht geht.
Beispiel Religion: Einst war der Minirock ein Skandal, weil er gegen christliche Werte verstieß, heute ist es das Kopftuch, wenn es nicht von einer Nonne oder einem Filmstar getragen wird. Tatsächlich sind die Kirchen aber nur an Tagen wie Weihnachten voll, der Mitgliederschwund in den westlichen Kirchen hält an. Andere Religionen wie Islam und Hinduismus werden aufgrund der großen globalen Reisemöglichkeiten und Migrationsbewegungen sichtbar, gleichzeitig gibt es viele Glaubensgemeinschaften, die mit den Weltreligionen bestenfalls verwandt sind. Aber auch in den Religionsgemeinschaften selbst sind die Unterschiede groß. Wie in anderen Lebensbereichen herrscht Vielfalt – und aus anderer Perspektive eine bedrohliche Unübersichtlichkeit.