Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Jesus ist nur ein Gebet weit weg
Von Despoten und Gott
Von Despoten ist man ja einiges gewöhnt. Zum Beispiel anmaßende Anweisungen. Da befahl ein König seinen Bogenschützen, sie sollten ihre Pfeile in die Sonne schießen. Den ganzen Tag probierten sie es. Aber die Pfeile kamen unverrichteter Dinge zurück. Die ganze Nacht über bearbeiteten die Schützen ihre Bögen, bestückten die Pfeile mit neuen Federn und versuchten es am nächsten Tag erneut.
Der einzige Erfolg war der Zorn ihres Königs, der mit drakonischen Strafen drohte, wenn sein exzentrischer Wunsch nicht erfüllt würde. Am dritten Tag ging der jüngste der Bogenschützen mit seinem kleinen Bogen zum König. Der saß im Park an seinem Lieblingsteich. Im Wasser des Teiches spiegelte sich die Sonne. Der Junge legte an, zielte auf die Sonne, traf sie in der Mitte und sie zersplitterte in tausende Fragmente.
So wie kein Pfeil die Sonne erreichen kann, genauso wenig können unsere Gedanken, unsere eigenen Kräfte Gott erreichen. Sie können ihn weder beweisen noch widerlegen. Aber es gibt ein paar Spiegelbilder, in denen sich Gott widerspiegelt. Zum Beispiel der nächste Mensch, dem Sie begegnen. Egal, wer es ist, egal wie sympathisch er oder sie ist. Denn „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde.“Oder ein Kind, das uns über den Weg läuft. „Mit jedem Kind, das dir begegnet, ertappst du Gott auf frischer Tat“, so Martin Luther.
Am stärksten spiegelt sich der unsichtbare Gott in Jesus Christus wider. Das haben die Menschen, die mit ihm unterwegs waren, erlebt. Sie kannten auch Zweifel. Am stärksten war der Zweifel, als dieses Spiegelbild vor ihren Augen in tausend Fragmente am Kreuz zersprang: Sein Angesicht war zerschunden von einer Krone aus Dornen, von Schlägen mit Blutergüssen übersät und erbleichte, als er starb. Wo war Gott nun, den sie in Jesus gefunden hatten?
Erst einmal war er in diesem Moment bei allen, die sich im Leid fühlen, als ob ihr Leben in tausend Fragmente zersplittert. Er ist bis heute gerade in der Zerrissenheit des Lebens zu finden. Es waren zuerst Frauen, die vor Trauer zerrissen waren, die entdeckten: Das ist nicht das Ende. Sie begegneten dem Spiegelbild Gottes neu. Jesus ist auferstanden. Und zwar nicht in ihrer Vorstellung. Denn das konnten sie sich in ihren kühnsten Träumen nicht vorstellen. Auch wenn Sie es sich nicht vorstellen können: Er ist da. Auch für Sie! Sie können ihn erfahren und durch ihn zu Gott finden. Jesus ist nur ein Gebet weit weg. Reden Sie mit ihm. Er wartet nur darauf. Bei Despoten und Königen braucht man eine Audienz. Jesus wartet in Liebe auf uns.