Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Geht doch!
Erfurts Geher Karl Junghannß wird bei der deutschen Meisterschaft Dritter – und knackt
Erfurt. Mächtig Eindruck hinterließ Karl Junghannß bei den deutschen Meisterschaften im Straßengehen in Naumburg. Da war dieses beherzte und engagierte Rennen über 20 Kilometer. Der 21-Jährige griff auf den letzten drei, vier Runden den bis dahin Drittplatzierten Hagen Pohle (SC Potsdam) an. „Ich habe in dem Moment gemerkt, das wird heute was. Wenngleich das Gefühl ein sehr gutes war, habe ich doch lieber bis zur Schlussrunde gewartet, ehe ich ihn dann im Endspurt überholt habe“, schildert der Mann vom LAC Erfurt Top-team die entscheidenden Schlussminuten.
Die Uhr stoppte nach 1:22:08 Stunden. Eine Zeit, die nicht nur für Platz drei sorgte, sondern auch für reichlich Furore. Europäische U23-jahresbestleistung, Thüringer U23-landesrekord, persönliche Bestzeit: Junghannß kam gar nicht mehr nach, die Leistung richtig einzuordnen. Dem nicht genug, bestätigte er die Norm für die U23-europameisterschaften in Bydgoszcz. Empfohlen hatte er sich für den internationalen Höhepunkt im Juli bereits vor zwei Wochen. Beim Geher-meeting in Podebrady standen 1:22:40 Stunden im Protokoll.
Eine andere Norm lag indes in Reichweite. Die für die Weltmeisterschaften in London im August. Gefordert sind 1:21:45 Stunden. Deprimiert war er keinesfalls, sie nicht abgehakt zu haben. „Wenn ich sie angepeilt hätte, dann wäre ich sie vielleicht auch gegangen. Da ich die Wm-norm über 50 Kilometer schon habe, bin ich nicht enttäuscht.“Dabei war zunächst unklar, wie er den Wettkampf in Naumburg angehen sollte. Es gab zwei Optionen: ein richtig schneller Wettkampf oder doch lieber eine gute Platzierung.
In der Summe war es eine Mischung aus beiden Optionen. Es war von Anfang an ein zügiges Rennen. Den Takt gab das Potsdamer Spitzenduo Christopher Linke und Nils Brembach vor. Dahinter sortierten sich die Verfolger ein. Mittendrin Junghannß, der anfänglichen gut mithielt, zwischendrin mit muskulären Probleme zu kämpfen hatte und sich im dritten Abschnitt wieder steigern konnte. In der Gruppe um Carl Dohmann (Baden-baden) und Nathaniel Seiler (Bühlertal) saugte er sich an den lange auf Platz drei liegenden Pohle heran.
Im Ziel übermannten ihn die Gefühle. Groß war die Freude über den Titel in der U23-wertung. „Das war mein Ziel. Der dritte Platz in der Gesamtwertung war für mich Zugabe.“Seinen ersten 50er in dieser Saison wird er beim Europacup in Podebrady (21. Mai) in Angriff nehmen. Über diese Distanz sieht ihn nicht nur der Bundestrainer Ronald Weigel. „Die 50 Kilometer liegen mir mehr, weil dort meine Stärken in der Ausdauer noch besser zum Ausdruck kommen“, blickt Junghannß voraus.
Der Weg zur Wm-norm war ein beschwerlicher. Der erste Versuch scheiterte vor einem Jahr in Naumburg. Nach 36 Kilometern flog er raus. „Ich habe danach keine Wettkämpfe mehr bestritten, sondern mich zielgerichtet auf die deutsche Meisterschaft in Andernach vorbereitet“, offenbart Junghannß, der dort in 3:52:46 Stunden glänzte und den Richtwert (3:53:00) knapp unterbot. In London wird er erstmals bei den Männern starten, demzufolge fällt es ihm zum jetzigen Zeitpunkt schwer, eine Prognose über Zeiten oder Plätze abzugeben. Leichter fällt ihm der Ausblick auf die U23EM: „Derzeit führe ich die Jahresbestenliste an. Die Chance, um eine Medaille mitzugehen, besteht. Ein Platz in den Top 5 wäre sicher denkbar.“
Gerade auch nach seiner Leistungsentwicklung in den vergangenen Monaten. Die Formkurve zeigt nach oben. Zurückzuführen auf die kontinuierliche Arbeit an der Technik. „Wir haben in dem Bereich intensiv gearbeitet, weil ich vorher einige Probleme hatte und oft disqualifiziert wurde“, sagt der ehrgeizige Athlet, der vor sechs Jahren mit dem Gehen begann. Obwohl er sich nun darauf spezialisiert hat, gehört das Laufen immer noch zu seinem täglichen Trainingsprogramm. „Ich bin jemand, der gern läuft. Beim Gehen braucht es noch mehr Ausdauer, was mir mehr entgegenkommt.“Dass er richtig viel Ausdauer besitzt und sich nach kleinen Rückschlägen wieder nach vorn kämpfen kann, hat er in Naumburg eindrucksvoll bewiesen.
Vorbereitung auf EM und WM steht bevor