Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
Simuliertes Hochwasser an der Wipper
Brückenbauspezialisten der Thw-ortsgruppe Sondershausen sind Gastgeber des 4. Gemeinsamen Ausbildungstages der Hilfsorganisationen
Hans-joachim Kropff (60), Bauvorarbeiter aus Rottleben: Ich bin mit meinem Motorrad zur Mai-kundgebung nach Sondershausen gefahren, weil mich die Zukunft unseres Kreises interessiert. Am Stand der Verkehrswacht habe ich dabei noch einen Reaktionstest gemacht und gut bestanden. Anschließend will ich noch zum Oldtimertreffen nach Großbrüchter.
Foto: Dirk Bernkopf Sondershausen. Mit viel Blaulicht am hell erleuchteten Wipperdamm ziehen bereits am Freitagabend die Mitglieder vom Technischen Hilfswerk (THW), Deutschen Roten Kreuz (DRK) sowie der freiwilligen Feuerwehren die Aufmerksamkeit von Passanten auf sich. Junge Teilnehmer der Organisationen posieren in der blauen Stunde am Wipperufer an einer selbst gebauten Behelfsbrücke für ein Erinnerungsfoto. Einen Tag später, am Samstag, herrscht noch größere Betriebsamkeit an dem Gewässer. Am 4. Ausbildungstag der Hilfsorganisationen nehmen 290 Kinder und Jugendliche in 26 Gruppen mit ihren rund 70 Betreuern teil. Es gilt insgesamt 13 Stationen zu absolvieren. Der Nachwuchs kann sich dabei Wissen aneignen, eigene Fähigkeiten bei Hilfund Rettungstätigkeiten unter Beweis stellen und auch kreativ betätigen.
Gastgeber ist in diesem Jahr der Thw-ortsverband Sondershausen. Das Tagesthema lautet „Hochwasserschutz“. Auf dem Grundstück an der Gänseweide, zwischen Nordhäuser Straße und der westlich gelegenen Fußgängerbrücke, bauten rund 70 Mitglieder von THW, DRK, Feuerwehr und Polizei ihre Stationen auf. Michael Hannig, der Thw-ortsbeauftragte von Sondershausen, ist nach 2014 zum zweiten Mal Gastgeber für den Ausbildungstag. Seine 55 Einsatzkräfte sind Spezialisten für den Brückenbau. „Wir waren seit 1994 bei jedem Hochwasser in Deutschland im Einsatz“, so Hannig.
Sandsäcke befüllen und stapeln, Knoten binden, Ölsperren aufbauen – die Herausforderungen an den Stationen sind vielseitig. An einem kleinen Kiessee werden die Jungen und Mädchen immer wieder Augenzeugen, wie eine Frau von einem Boot ins kalte Wasser stürzt. Gar nicht so einfach, der „Ertrinkenden“einen Rettungsring passgenau zuzuwerfen. Die Kinder ziehen gemeinsam mit Stationsbetreuer Fabian Schlufter von der Drk-wasserwacht die Frau an das rettende Ufer und bringen sie in eine stabile Seitenlage.
„Das sind heute keine acht Grad Wassertemperatur“, schnauft Rettungsschwimmerin Gabi Gräfe nach der Übung. Dennoch lässt sich die wohl mutigste Frau des Tages immer wieder – die Gruppen wechseln alle 20 Minuten – aus dem kalten Wasser retten.
Trockenen Fußes können die Kinder die Wipper an einer Seilbahnstation überqueren. Mutig lässt sich beispielsweise Maurice Dünkel (13) aus Hohenebra am Seil hängend an das andere Ufer bringen. Dort bestaunen nicht nur die Kinder die riesige Wasserpumpe des THW aus Rudolstadt, die eine Pumpleistung von bis zu 15 000 Liter pro Minute erzeugt.
Erstmals beteiligen sich auch Polizisten an dem Ausbildungstag. „Zu Retten und Helfen passt doch auch Spurensichern“, sagt Detlef Grabs, Leiter der Kriminalpolizeiinspektion Nordhausen. „Wir haben unsere Teilnahme nach einer Anfrage sofort zugesagt.“Geduldig erklären Grabs und Kriminaltechnikerin Anita Kratzing die Arbeit der Kripo. Als Erinnerung können die Besucher ein Blatt mit ihren Fingerabdrücken mitnehmen. Auch die Vorführung der Nordthüringer Polizei-diensthundestaffel in der Mittagspause ist für die rund 500 Teilnehmer und Besucher beeindruckend.
Rund 500 Teilnehmer und Gäste beim Ausbildungstag
Konzept überzeugt Thw-landeschef
Nichts für schwache Nerven ist die Station 13. Mitglieder der Drk-mimengruppe warten darauf, dass ihre schweren, blutigen Handverletzungen versorgt werden. Kein Problem für die Kinder der Jugendrotkreuzgruppe Immenrode. „Das üben wir doch wöchentlich“, sagt Leiterin Margit Schirmer. „Der Ausbildungstag und der Kreisvergleich sind die Jahreshöhepunkte für die Kinder.“
Sichtlich beeindruckt vom Ausbildungstag und dem Miteinander der Hilfsorganisationen zeigt sich Manuel Almanzor. Der Thw-landesbeauftragte für Sachsen und Thüringen ist aus Altenburg gekommen, um den Tag, der 2015 mit dem Förderpreis „Helfende Hand“vom Bundesinnenminister ausgezeichnet wurde, einmal selbst zu erleben. „Ich kannte das Konzept, bin aber von der Größe beeindruckt.“Almanzor will die Idee des Ausbildungstages mitnehmen: „Engagement kann man nicht erzwingen, aber ich kann dafür werben.“
Gastgeber für den 5. Ausbildungstag ist 2018 das DRK. Organisatorin Sandra Oesterheld denkt bereits jetzt über ein anspruchsvolles Tagesthema nach.