Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
...die Kunst der Kommunikation
Kommunikation ist, was beim Empfänger ankommt. So richtig durchgesetzt hat sich diese Erkenntnis erst im vergangenen Jahrhundert – zumindest in großen Teilen der Wissenschaft. Aber so richtig richtig und überall angekommen ist diese Weisheit womöglich bis heute nicht.
Denn noch immer dröhnen uns superschlaue Redner die Ohren heiß, verquasseln sprechwütige Radio-moderatoren die Laune der Hörer, verlautbaren staatliche Organe, was keiner hören will, zertrümmern Endlosredner in Parlamenten die Spannung im Auditorium zu einer gähnenden Langeweile.
Und geht es nicht oft genug auch auf Arbeit so zu? Hallo, alle mal ruhig sein, der Chef hält die Weihnachtsansprache! Oder in der Schule? Algebra, Bauernkriege, Schiller und Proteine – Bla, bla, bla, wer soll das alles noch auseinanderhalten? Oder noch schlimmer: Der narzisstische Professor im Hörsaal hört sich selber reden, ansonsten aber ist alles weggenickt?
Weil die Menschheit erkannt hat, dass all das allerhöchstens Einbahnstraßen-kommunikation ist, wurde die Kommunikationswissenschaft erfunden. Was eigentlich passiert, wenn A zu B spricht und der eine x meint, während der andere y versteht?
Eben das ist auch das Fachgebiet unserer jungen Gäste, die vor ein paar Tagen im Verlagshaus zu Besuch waren, um sich das Getriebe eines Kommunikationsunternehmens von innen anzuschauen. Feldforschung sozusagen. Angehende Kommunikationsforscher von der Universität Erfurt, alle im 4. Semester, also noch relativ neu in der Branche. Aber schon weit genug, um zumindest ungefähr zu wissen, wohin ihr Expertenwissen sie eines Tages führen wird.
Die meisten der Gäste sehen ihre Zukunft in der PR. PR ist die Abkürzung für Public Relation. Begriffe aus diesem Bereich sind – wie dieser – häufig englisch, aber es gibt auch eine deutsche Übersetzung: Öffentlichkeitsarbeit. Und das A und O des Öffentlichkeitsarbeiters ist...
Halt! Mal kurz innehalten und abschweifen. Was für ein herrlicher Begriff! Ich sehe ihn förmlich vor mir, wie er da mit dem Blaumann steht, den Schraubenschlüssel in der Hand hält, und die Öffentlichkeit bearbeitet.
Also das Wichtigste im Job der künftigen Pr-spezialisten wird sein, eine Botschaft trefflich zu formulieren, damit sie beim Empfänger genau so verstanden wird, wie es sich der Absender vorgestellt hat. Einfaches (fiktives) Beispiel aus der Politik: Minister X will, dass die Bevölkerung erkennt, wie gut eine Gebietsreform gelungen ist. Er schickt seinen Öffentlichkeitsarbeiter ans Mikro, der sagt: „Nie hat ein Land je eine bessere Gebietsreform gemacht!“
Wenn dann die Zuhörer applaudieren, ist die Botschaft angekommen (was natürlich noch nichts über den Wahrheitsgehalt aussagt). Wenn aber alle plötzlich schrill lachen, ist etwas schief gelaufen. Dann ist etwas anderes verstanden worden, als der Sprecher beabsichtigte.
Zum Schluss noch ein Test: Wie lautet die Botschaft dieser Kolumne? a) Reden Gold. ist Silber, Schweigen ist
b) Sag’ was du willst, am Ende entscheidet der Hörer, was er hören will. c) Rede deinem Gesprächspartner immer nach dem Mund.
Johannes M. Fischer ist Chefredakteur der Thüringer Allgemeinen