Thüringer Allgemeine (Sondershausen)
„Wir sind jetzt die kompletten Idioten“
Verzockt: Die Handballer der Rhein-neckar Löwen verlieren in der Champions League in Polen und in der Bundesliga beim THW Kiel
Kiel. Als die zweite Niederlage innerhalb weniger Stunden amtlich war, wussten die Handballer der Rhein-neckar Löwen die Situation selbst einzuschätzen. „Wir sind jetzt die kompletten Idioten“, sagte Andy Schmid am Samstagabend kopfschüttelnd. Der Deutsche Meister um seinen Spielmacher Schmid hatte sich böse verzockt. Erst im Champions-league-achtelfinale beim polnischen Serienmeister KS Kielce (17:41). Und dann keine Stunde später beim Topspiel der Bundesliga gegen den THW Kiel (22:27). Schmid: „Das war ein scheiß Tag für uns, ein scheiß Tag für den Verein und ein scheiß Tag für den Handball.“
Zwei Spiele in zwei Ländern an einem Tag: Es war eine absurde Situation, resultierend aus einem Terminstreit zwischen der Bundesliga und dem europäischen Verband EHF. Ein Machtkampf, in dem es um nationale und internationale Tvverträge geht. Und um die Frage, ob die deutsche Bundesliga als wichtigste nationale Liga Europas eine Sonderrolle bei der Termingestaltung verdient. Mittendrin im Zwist: die Löwen, die nun allerhand Kreativität beweisen mussten. Das Ende der Champions-league-ambitionen in Kauf nehmend, schickten sie die zweite Mannschaft zum Achtelfinal-hinspiel der Königsklasse. Eine Ansammlung junger Regionalligaspieler, die sich wacker schlugen, aber die zu erwartende Klatsche beim polnischen Serienmeister kassierten.
Dass sich das A-team der Mannheimer im Bundesligaschlager in Kiel dann aber ähnlich chancenlos präsentierte wie die Reserve in Polen, war nicht eingeplant. Von Beginn an hatten die Kieler in Führung gelegen und zur Halbzeit sogar acht Tore Vorsprung (17:9).
Phasenweise sah es tatsächlich so aus, als wäre die zweite Mannschaft der Löwen in beiden Spielen auf dem Feld. „Wenn man zweimal verliert, kann man sagen, dass man es anders hätte machen können“, erklärte ein frustrierter Löwentrainer Nicolaj Jacobsen. Nun wird die Bundesliga wieder spannender: Die Füchse Berlin und die SG Flensburg-handewitt rücken wieder näher an den Tabellenführer heran.
Einziger Gewinner des Tages: der THW Kiel. Der durch Kaderverjüngung und zahlreiche Verletzungen seiner Rolle als Dauermeister beraubte Klub rückte durch den Sieg wieder in die Nähe des vierten Rangs, der zur Teilnahme am europäischen Ehf-pokal berechtigt. „Das ist jetzt unser oberstes Ziel“, sagte Trainer Alfred Gislason.
Und die Löwen? Der Wunsch von Andy Schmid, nach dem Terminchaos „dieses Buch endlich zu schließen“, wird wohl nicht erfüllt. Durch die bis 2020 bestehenden Tv-verträge ist zu befürchten, dass sich ein Terminchaos wie jenes am Samstag doch noch einmal wiederholen könnte.