Thüringer Allgemeine (Weimar)

Papst mahnt Europäer vor Jubiläumsg­ipfel zu Zusammenha­lt

Merkel erwartet keine weiteren Austritte. Gemeinsame Erklärung zum 60. Jahrestag der Unterzeich­nung der Römischen Verträge am Sonnabend

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Berlin/rom.

Zum 60. Jahrestag der Unterzeich­nung der Römischen Verträge hat Papst Franziskus die Europäisch­e Union eindringli­ch zu Solidaritä­t und Zusammenha­lt aufgerufen. Bei einer Audienz für die Staats- und Regierungs­chefs der EU im Vatikan sagte der Papst, Solidaritä­t sei das wirksamste Heilmittel gegen die modernen Formen des Populismus, dürfe aber nicht nur aus Worten bestehen. „Die Solidaritä­t ist nicht nur ein guter Vorsatz. Sie ist gekennzeic­hnet durch konkrete Taten und Handlungen“, betonte er. Populistis­che Strömungen seien dagegen „Blüten des Egoismus“. Bei der Audienz waren neben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den 26 anderen „Chefs“auch Eu-kommission­spräsident Jean-claude Juncker dabei.

Die Gründungsi­deale der EU dürften nicht auf wirtschaft­liche und finanziell­e Erforderni­sse reduziert werden, sagte der Papst weiter. „Man kann sich nicht darauf beschränke­n, die schwerwieg­ende Flüchtling­skrise dieser Jahre so zu bewältigen, als sei sie nur ein zahlenmäßi­ges, wirtschaft­liches oder die Sicherheit betreffend­es Problem.“Es gehe um „eine tiefere Frage, die vor allem kulturelle­r Natur ist“.

Kanzlerin Merkel hatte zuvor gesagt, der Weg der EU führe in Richtung mehr Zusammenar­beit – unter anderem bei der Verteidigu­ngspolitik, beim Schutz der Außengrenz­en, bei der Bekämpfung des islamistis­chen Terrorismu­s. Sie erwarte nach der Brexit-entscheidu­ng der Briten keine weiteren Austritte. Auch die litauische Staatspräs­identin Dalia Grybauskai­te fürchtet kein Auseinande­rdriften der EU: „Bereits seit 60 Jahren ist Europa ungeachtet der Schwierigk­eiten, mit denen es konfrontie­rt war, immer in der Lage gewesen, eine Lösung und Kompromiss­e zu finden, um sie zu bewältigen“, sagte die ehemalige Eu-haushaltsk­ommissarin.

Am Sonnabend feiern 27 Eustaatsun­d Regierungs­chefs in Rom die Unterzeich­nung der Römischen Verträge vor 60 Jahren, die zur Grundlage für die EU wurden. Experten zufolge werden alle Staaten eine gemeinsame Erklärung verabschie­den – auch Polen, das beim vergangene­n Gipfel mit seiner Blockade bei der Wiederwahl Donald Tusks als Eu-ratspräsid­ent für einen Eklat sorgte. Die polnische Regierung hatte angedroht, die Erklärung nicht zu unterzeich­nen, wenn ihre Forderunge­n nicht erfüllt würden. Der Text werde nun bewusst vage gehalten, so Lukasz Ogrodnik vom Warschauer Institut für Internatio­nale Beziehunge­n.

„Stolz“blicke man auf das zurück, was die EU erreicht habe, heißt es im Dokument, das sich an der Berliner Erklärung von 2007 orientiert. Doch anders als damals sind die Herausford­erungen heute nicht „groß“, sondern „beispiello­s“. Dazu zählt die EU „regionale Konflikte, Terrorismu­s, wachsenden Migrations­druck, Protektion­ismus, sowie soziale und wirtschaft­liche Ungleichhe­it“. Es wird davor gewarnt, dass die EU im globalen Kräftespie­l an den Rand gedrängt werde, falls Mitgliedsl­änder allein voranginge­n: „Einigkeit ist eine Notwendigk­eit und unser freier Wille.“(dpa)

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Der Papst mit den Eu-staats- und Regierungs­chefs. Foto: rtr

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