Thüringer Allgemeine (Weimar)

Brexit: Gespräche stocken

Briten bringen Zeitplan ins Wanken

- Von Knut Pries

Brüssel. Der Vorname des jeweils anderen geht ihnen flüssig über die Lippen, und auch sonst sind Michel Barnier und David Davis um Verbindlic­hkeit bemüht. Aber in der Sache kommen die beiden Brexit-chefunterh­ändler einander nicht näher. Zwei Runden haben sie hinter sich. Doch der ganze Fortschrit­t besteht in der Erkenntnis, dass es jetzt langsam einen solchen geben müsste.

„In der ersten Runde ging es um Organisati­on, diese Woche war die Zeit der Präsentati­on“, sagt Barnier. „Die dritte Runde muss Klarheit bringen. Die brauchen wir bei der finanziell­en Regelung, bei den Bürgerrech­ten, in der Irlandfrag­e und bei sonstigen Problemen der Trennung.“Mit anderen Worten: In Brüssel ist man irritiert, dass London sich so viel Zeit lässt.

Denn Zeit ist die kostbarste Ressource dieses Scheidungs­prozesses, dessen Schlussdat­um feststeht. Ende März 2019 verlässt das Königreich die EU – mit einem sauberen Vertrag oder ohne. In Brüssel geht die Sorge um, die angeschlag­ene Premiermin­isterin Theresa May sei vor dem Parteitag ihrer Tories im Oktober kaum handlungsf­ähig – und danach womöglich nicht mehr Premiermin­isterin.

„Wir stecken immer noch in der Vorlaufpha­se“, heißt es im Team Barnier. Das gilt besonders für die Abschlussr­echnung. Dass es einen Saldo aus britischen Verpflicht­ungen und Ansprüchen aus der Eu-mitgliedsc­haft geben soll, hat London grundsätzl­ich zugestande­n. Die Eu-seite hat bereits aufgeliste­t, welche Verpflicht­ungen Großbritan­nien eingegange­n sei und nach dem Ausscheide­n weiter honorieren müsste, etwa den Anteil an Förderprog­rammen oder für Pensionen von Eu-bedienstet­en. Beziffert sind die Posten noch nicht. Erst müsse man sich über „die Methodolog­ie“(Barnier) verständig­en, also darüber, was jeweils auf der Sollund Habenseite aufgeführt werden kann. Dazu liegt aus London nichts vor.

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