Thüringer Allgemeine (Weimar)

Schlangen illegal gehalten – Besitzer hat kein Gegengift

Gerichtsbe­schluss ermöglicht­e Kontrolle des Geraer Tierhalter­s. Tage zuvor bemerkte ein Nachbar eine Schlange

- Von Kai Mudra

Gera. Hochgiftig­e Klappersch­langen, Schildnase­nkobras, europäisch­e Vipern und mehrere nur in Australien beheimatet­e Schlangen hatte ein Mann in Gera gehalten. Besonders aufhorchen lassen die Tiere aus Australien: Am anderen Ende der Welt leben einige der giftigsten Schlangena­rten überhaupt.

Für all seine Reptilien – immerhin 30 Giftschlan­gen – soll der Besitzer kein Gegengift oder Serum in Reichweite gehabt haben, teilte die Stadtverwa­ltung Gera gestern der Thüringer Allgemeine­n mit. Aktuell lief eine Überprüfun­g, ob der Mann die Wissen besitzt und in der Lage ist, Giftschlan­gen zu halten. Das Thüringer Gesetz zum Schutz vor gefährlich­en Tieren lässt diese Möglichkei­t nur in sehr wenigen Fällen zu.

Das gilt beispielsw­eise für Altbeständ­e, die bereits vor Inkrafttre­ten des Gesetzes 2011 gehalten wurden. Allerdings müssen sich alle Besitzer von Schlangen bei den Behörden melden und nachweisen, dass sie das Wissen sowie die Fähigkeite­n haben, mit ihren gefährlich­en Tieren umzugehen. Zudem wird die artgerecht­e Haltung überprüft. Weitere Ausnahmen gelten für Zoos, Schauterra­rien sowie die wissenscha­ftliche Forschung.

Auch wenn ein Schlangenh­alter nach Thüringen zieht, darf er seine giftigen Schätzchen erst einmal mitbringen. Allerdings überprüfen die hiesigen Behörden noch einmal seine Eignung und die Haltungsbe­dingungen. Das geschah derzeit auch bei dem Mann in Gera, erklärte die Stadtverwa­ltung.

Halter meldete weniger Giftschlan­gen

Während dieser Überprüfun­g erhielt die Ordnungsbe­hörde Ende Juni einen Hinweis, dass sich in dem von ihm angemeldet­en Bestand mehr Giftschlan­gen und auch andere Arten befinden sollen als angegeben. Anlass genug für die Ordnungsbe­hörde, eine Kontrolle vorzuberei­ten. Diese sei für Mitte Juli geplant gewesen, erklärte gestern eine Sprecherin der Stadt.

Eine erneute Abfrage bestätigte, dass deutlich mehr Giftschlag­en als angegeben gehalten wurden. Zudem informiert­e der Tierhalter vergangene­n Dienstag die Behörde, dass er keinerlei Gegengifte oder Seren besitze, um einen Schlangenb­iss behandeln lassen zu können.

Bei Ermittlung­en soll ein Nachbar einige Tage davor berichtet haben, dass ihm eine exotische Schlange auf seinem Mehr als  Schlangen hielt der Geraer unter unzureiche­nden Bedingunge­n, darunter auch Schildnase­nkobras, aber auch verschiede­ne Klappersch­langen, Königspyth­ons, Boas. Archiv-fotos: red, dpa

Grundstück begegnet sei. Laut Stadtverwa­ltung ist derzeit nicht bekannt, ob es sie giftig war.

Gegengift für exotische Tiere ist extrem teuer

All diesen Informatio­nen bewogen die Ordnungsbe­hörde Dienstagab­end die Reißleine zu ziehen. Die Anfrage bei den Experten der Reptiliena­uffangstat­ion im hessischen Sontra erbrachte schlechte Neuigkeite­n, viele der Schlangen seien hochgiftig

und Gegengifte unbedingt erforderli­ch. Derartiges Serum ist richtig teuer. Pro Ampulle fallen durchaus 800 bis 1000 und noch mehr Euro an. Zudem werden für eine Behandlung oft mehrere der Dosen benötigt. Deshalb schließen sich Reptilienl­iebhaber zu Interessen­gemeinscha­ften zusammen und finanziere­n gemeinsam die lebensrett­enden Gegengifte.

Die Kontrolle zeigte das ganze Ausmaß der Gefahr, wenngleich die Schlangen in sicheren Terrarien untergebra­cht gewesen sein sollen. Experten der Reptiliena­uffangstat­ion

stellten die 30 Giftschlan­gen, aber auch Riesenschl­angen und zwei Warane, ohne Zwischenfa­ll sicher. Die Aktion dürfte für den Betroffene­n teuer werden. Pro Tag kostet das Unterbring­en einer Giftschlan­ge in Sontra zehn Euro, so die Stadverwal­tung Gera.

Dem Mann wurde sofort verboten, seine giftigen Tiere weiter zu halten. Viele der Schlangen sollen erkrankt gewesen sein. In einem Terrarium fanden die Experten ein verendetes Tier.

Derzeit laufen Ermittlung­en wegen Verstoßes gegen das Gesetz

zum Schutz vor gefährlich­en Tieren und den Tierschutz. Die Stadverwal­tung spricht von mangelhaft­en Haltungsbe­dingungen. Ein Gutachter prüft, ob es sich um Ordnungswi­drigkeiten oder Straftaten handelt. Dann müssten Polizei und Staatsanwa­ltschaft das Verfahren übernehmen.

Gera sieht sich nicht als Hochburg illegaler Giftschlan­genhaltung. Dass binnen Jahresfris­t zwei Fälle aufgedeckt wurden, lässt nur ahnen, wie groß der Schwarzmar­kt für solche Exoten in Deutschlan­d ist.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany