Gotha aus der Sicht eines syrischen Fotografen
Raed Al Housen zeigt ungewöhnliche Bilder seiner Wahlheimat. Städtische Ausstrahlung und ländliche Momente der Residenzstadt in einer Ausstellung
Raed Al Housen aus Syrien lebt in Gotha. Seine Wahlheimat hat er aus den verschiedensten Blickwinkeln fotografiert, wie diese Sicht auf dem Neumarkt. Zu sehen sind die Aufnahmen des Bildchronisten jetzt im Rathaus II in einer Ausstellung. Foto: Raed Al Housen Gotha. Seit zwei Jahren lebt Raed Al Housen in Gotha. Der Syrer hat in dieser Zeit über 6000 Fotos von der Residenzstadt gemacht. Eine kleine Auswahl davon ist in einer Ausstellung im Rathaus II zu sehen. Der Fotograf zeigt ungewöhnliche Bilder seiner Wahlheimat, mit Bildbearbeitungsprogrammen entfremdet, ohne dem Motiv das Typische zu nehmen. Es mache ihm Spaß, durch die Straßen der Stadt zu laufen und immer wieder Neues zu entdecken. „Gotha“, sagt Raed, „fasziniert mich durch seine städtische Ausstrahlung auf der einen Seite und seine ländlichen Momente auf der anderen.“Ist er als Fotograf unterwegs, legen sich über die aktuellen Bilder bei ihm immer wieder die aus seiner Heimatstadt Daraa.
Die Stadt im Süden Syriens gibt es längst nicht mehr so, wie er sie in Erinnerung hat. Der Krieg hat kaum einen Stein über dem anderen gelassen. Wenn Raed schöne Gebäude in Gotha ablichtet, sei das immer mit er Hoffnung verbunden, dass seine Heimat wieder aufgebaut wird und die Menschen dort ein friedliches Leben führen können.
„Diese Sehnsucht ist natürlich mit dem bedrückenden Gefühl vermischt, dass sich diese Hoffnung gar nicht oder erst sehr spät erfüllt“, sagt Raed. Deshalb sind viele Aufnahmen auch im düsteren Schwarz-weiß gehalten. Raed Al Housen hat arabische Literatur studiert. Früh schon hat ihn die Fotografie fasziniert. Er wäre gerne, sagt er, Profifotograf geworden. Allein, das Geld reichte nie aus, um sich die Kamera dafür leisten zu können. Alles, was er fotografiert, nimmt er mit dem Handy auf. Was da an Abstrichen gemacht werden muss, gleicht Raed mit den Nachbearbeitungsprogrammen Photoshop oder Lightroom aus. Gewiss ist, dass man den Aufnahmen des Syrers nicht ansieht, mit welch beschränkter Technik er sie gemacht hat.
Mit der Ausstellung seiner Gotha-ansichten stellt er seine Arbeit einer breiten Öffentlichkeit vor.
Er ist froh, dass ihm das Projekt „Willkommen in Gotha“vom Verein „Arbeit und Leben Thüringen“das ermöglicht. Gemeinsam mit Ahmad Shihab Alwan arbeitet Raed Al Housen (links) derzeit im Auftrag des Projekts „Willkommen in Gotha“auch an einem Dokumentarfilm, der Biografien von Migranten in Gotha zeigen wird.
Foto: Klaus-dieter Simmen