Lässt der türkische Präsident den Flüchtlings-deal platzen?
Erdogan weist die Verschärfung des Kurses durch Berlin zurück
Berlin. Nach der neuesten Eskalation in den deutsch-türkischen Beziehungen kursiert in europäischen Hauptstädten ein Albtraumszenario: Kündigt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nun den Flüchtlingsdeal mit der EU? Kommt auf Deutschland eine Wiederauflage der Flüchtlingskrise zu – wenige Wochen vor der Bundestagswahl am 24. September?
Es wäre nicht das erste Mal, dass Erdogan die Drohung als politische Waffe einsetzt. „Hören Sie mir zu. Wenn Sie noch weiter gehen, werden die Grenzen geöffnet, merken Sie sich das“, giftete der Präsident noch im vergangenen November Richtung Brüssel. Kurz zuvor hatte das Eu-parlament ein „vorläufiges Einfrieren“der Gespräche über den Beitritt der Türkei in die Gemeinschaft gefordert. Im März 2016 war vereinbart worden, dass Griechenland Flüchtlinge zurückschicken kann, die illegal aus der Türkei eingereist sind. Im Gegenzug können syrische Migranten legal in die EU einreisen.
Zuzutrauen wäre es also Erdogan, die Flüchtlingsfrage erneut als Druckmittel zu benutzen. Zur Kritik von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD), der von Investitionen in der Türkei abgeraten hatte, sagte Erdogan: „Deutschland muss sich zusammenreißen. Mit solchen Drohungen kann es uns niemals Angst machen.“
Im Zusammenhang mit Forderungen der Bundesregierung nach einer Freilassung deutscher Gefangener wie Deniz Yücel, Mesale Tolu Corlu oder Peter Steudtner aus der Untersuchungshaft sagte Erdogan: „Sie müssen wissen, dass unsere Justiz unabhängiger ist als Ihre.“Der Präsident warf Deutschland zudem erneut vor, Terroristen Unterschlupf zu gewähren.
Vor dem Hintergrund der deutsch-türkischen Konfrontation stellt sich die Frage, ob Erdogan die Krise weiter anheizt und den Flüchtlingspakt mit der EU aufkündigt.