Alte und neue Männer braucht das Land!
Telemanns „Pimpinone“als heiteres Sommertheater
Tiefurt. Sollte jemand folgende, von einer Dame namens Vespetta unterzeichnete Anzeige „Kammerzofe mit viel Erfahrung sucht langfristige Anstellung in gutem Hause“lesen, ist Vorsicht geboten, besonders für alte, reiche Gecken. Der neuen, mit vielen interaktiven Gags versehenen Inszenierung von Harald Richter für das Tiefurter Sommertheater darf man sich aber ohne Vorbehalt anvertrauen. Auch in seiner zwölften Saison hält das Motto „Ländliches Glück – Staunen und Lachen“der im Landschaftspark integrierten Bühne, was es verspricht.
In diesem Jahr zollten das unter Leitung von Julian Pontus Schirmer musizierende Tiefurter Barock-ensemble, Kostüm-chefin Christiane Weidringer sowie Anne Dietzmann (Vespetta) und Frederik Beyer (Titelpartie) dem 250.Todestag von Georg Philipp Telemann ihren künstlerischen Respekt mit der Premiere des Singspiels „Pimpinone – oder die ungleiche Heirat“. Telemann, der Magdeburger Sohn mit einer nicht ganz treuen Frau an seiner Seite, wusste, wovon er komponierend berichtet; Harald Richter, am Premierentag seinen 15. Hochzeitstag feiernd, setzt in seiner Inszenierung auf spritzige Einfälle plus Interaktion mit dem amüsierten Publikum. Die Synthese aus Telemann und Richter lautet: Alte und neue Männer braucht das Land!
Mit Schafherde, Holundersaft und Schmalzbemmen
Die hinterlistige Vespetta (Anne Dietzmann) spielt dem reichen Pimpinone (Frederik Beyer) vor, was sie nicht ist: ehrlich, häuslich. Letztendlich will sie in dem heiteren Zwist zwischen Sopran und Bass doch nur den Schlüssel zum Geldschrank. Sie, die meint, den Ehering und nicht die Sklavenkette zu tragen, bekommt ihn selbstverständlich; er zeigt sich als willfähriges Opfer seiner libidinösen Neigungen. Sichtlich gemartert tritt der verwirrte Pimpinone nach der Pause auf die Bühne des Lindenrondells. Vespetta strickt und klöppelt nicht, lädt hingegen Freundinnen zum Sektfrühstück ein, auch ganz unbekannte Damen aus dem Publikum. Er darf servieren, die Kehrschaufel schwingen und den reizenden Schönen durch energisches Wedeln Frischluft verschaffen.
Alles geschieht im Spotlight der Tiefurter Abendsonne mit viel Dialog-witz, wobei ihm die komische Mimik überzeugender steht als ihr die stolze Geste. Erhebt man Koloraturen und sicheren Stimmsitz nicht zum Nonplusultra, verlockt „Pimpinone“mit vielen liebenswerten Details: mit dem auf die Oper abgestimmten Vorprogramm der Flötistin Simone Kayser, mit Holundersaft und Schmalzbemmen in der Pause, mit Bustransfer sowie mit einer Bühne und Publikum nahkommenden Heidschnucken-herde, worunter – laut Schäfer Manfred Teschner – zwei ganz veritable Böcke sind.
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Aufführungen: am ., . und . Juli