Von Freiheit
Che Guevaras jüngster Sohn Ernesto bietet in Kuba geführte Harley-davidson-touren, die knapp 1000 Kilometer über die karibische Insel führen – ein 70-jähriger Deutscher ist mitgefahren
Ernesto Guevara trägt nicht nur einen großen Namen, er hat auch die Zeichen der Zeit erkannt – und in den kubanischen Fremdenverkehr investiert. Nein, nicht der Revolutionsheld Guevara mit dem Beinamen „Che“, der in Kuba immer noch den Status eines großen Nationalhelden hat. Sondern dessen jüngster Sohn. Eine ganze Flotte schmucker Harley-davidson-bikes stellt er abenteuerlustigen Touristen zur Verfügung – in unserem Fall 14 Motorradfreaks aus fünf Ländern, die mit Ernesto dem Jüngeren eine zwölftägige Gruppenreise machen. der Karibik. Rund ein Viertel der Landesbevölkerung lebt hier. Unterkunft ist das berühmte Hotel Nacional, ein denkmalgeschützter Prunkbau aus den 1930er-jahren und zugleich ein Wahrzeichen der Stadt. problematischer werden die Straßenverhältnisse. Zwischen einer Vielzahl von Schlaglöchern kann eine einzige Sekunde Unaufmerksamkeit fatale Folgen haben. Die Ps-starken Maschinen einmal auszufahren, kann die Truppe also vergessen.
Als Anführer vorneweg Roadcaptain Luisito, dem die anderen folgen – die Nachhut besteht aus dem zweiten Roadcaptain Camillo sowie dem Gepäckwagen, in dem Ina und Ernesto Guevara mitfahren. Die nächsten 80 Kilometer fordern drei Stunden lang nicht nur das fahrerische Können aller Teilnehmer, sondern auch wirklich Nerven. Ein einsetzender starker Regen macht diese Fahrt zu einem echten Höllenritt. Aber letztendlich kommen alle unversehrt in Trinidad an.
Der Ort ist ein Unesco-weltkulturerbe und musterhaftes Beispiel spanischer Kolonialarchitektur mit vielen, sehr liebevoll restaurierten Gebäuden, Gärten und Parks. Doch gegen Mittag geht es schon weiter auf eine Fahrt auf dem spektakulären, rund 30 Kilometer langen Fahrdamm, der Kuba mit der Insel Cayo Santa Maria verbindet. Die frische Seeluft verschafft eine erholsame Abwechslung.
Über Remedios geht es weiter in Richtung Santa Clara mit der Gedenkstätte für Ernesto „Che“Guevara. Hier liegen im Mausoleum die Überreste des am Ende wegen seiner rigiden und kompromisslosen Politik bei Castro in Ungnade gefallenen Nationalhelden und seiner letzten und engsten Mitkämpfer aufgebahrt. Ganz anders zeigt sich Varadero, der monströse Badeort mit riesigen Bettenburgen in europäischem Vier- und Fünf-sternestandard. Die derzeit rund 15 000 Betten sollen in den kommenden 20 Jahren noch einmal verdoppelt werden und Varadero zu einem großen Zentrum des Tourismus machen.
Mancher ruht sich hier von der Tour aus, während ich mich noch einmal woanders umsehen will – nämlich dort, wo die berühmte Tabakkultur ihre Wurzeln hat. 300 Kilometer westlich von Havanna bei Pinar del Rios befinden sich die fruchtbaren Ackerböden, welche der kubanischen Zigarre seit dem 15. Jahrhundert ihre Weltgeltung verschafft haben. Südwestlich davon, bei San Luis, liegt das Domizil von Don Alejandro Robaina, einem 2010 verstorbenen Pionier des modernen kubanischen Tabakanbaus. Täglich treffen bei dem bescheidenen Haus von Don Alejandro Touristen aus der ganzen Welt ein, um dem Mann zu huldigen, der die Marke „Robaina“zu einer der besten der Welt geformt hat. Das Haus ist gepflastert mit Bildern aus alten Zeiten. Und mit etwas Glück gelingt es mir schließlich sogar noch, die Manufaktur der „Cohiba“in Havanna zu besichtigen, die als beste Marke der Welt und „die“Havanna-zigarre schlechthin angesehen wird.
Die Reise hat mich an körperliche Grenzen geführt, aber ich bin stolz, sie gemeistert zu haben. Ja, das Leben kann auch mit 70 noch sehr intensiv sein, selbst wenn man kein Mitglied der Rolling Stones ist. Und wer sagt, dass dies schon die letzte große Motorradtour meines Lebens gewesen sein soll?